text breit  text schmal  
drucken 
Bilder keine Bilder

derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
24. April 2009
12:09 MESZ

Bis 11. 10.

 

Dennis Kardons Installation 49 Jewish Noses.


Relikt-Inseln im Sumpf der Ressentiments
Die Ausstellung "typisch!" thematisiert "Klischees von Juden und Anderen" - Bis 11.10.

Wien - 49 markante Nasenspitzen ragen wie kleine Setzlinge aus einem Gemüsebeet empor: Das Klischee der jüdischen Nase verarbeitete Dennis Kardon in seiner Installation 49 Jewish Noses durch deren Vervielfachung. Das grotesk anmutende Nasenbeet visualisiert die Lächerlichkeit eines an körperlichen Details festgemachten Klischees. Und es erinnert an die Rassenstudien der Nationalsozialisten.

Künstlerische Verarbeitungen der nationalsozialistischen "Forschung" finden sich in der Ausstellung typisch! im Wiener Jüdischen Museum mehrere. Durch die Gliederung der mit dem Jüdischen Museum Berlin konzipierten Ausstellung in Triptychen treten historische Exponate in direkten Dialog mit modernen Interpretationen.

So finden sich die Karteikästen des NSDAP-Mitglieds Josef Wastl, der 1939 von Juden, die nach Buchenwald deportiert wurden, Haarproben und Gipsabdrücke sammelte, den Wrapped Crowns von Tamir Lahav-Radlmesser gegenübergestellt: Schamhaarproben, die der israelische Künstler quasi als Porträts seiner Freunde und Bekannten in aller Welt ausstellt.

typisch!, von einem fünfköpfigen Team um Cilly Kugelmann und Felicitas Heimann-Jelinek kuratiert, befasst sich laut Untertitel mit "Klischees von Juden und Anderen". Die Acryl-Installation skin marker eines Berliner Kollektivs zeigt daher alle erdenklichen Hautfarben wie Farbpaletten in einem Einrichtungshaus - und korrespondiert mit der bis in die Vierzigerjahre verwendeten Hautfarbentafel des Anthropologen Felix von Luschan. Das Bild vervollständigt sich mit Bettina Dorfmanns Dolls of the World: einer Barbie-Revue mit Puppen aus allen Erdteilen.

Der Anspruch der umfassenden Darstellung von Ressentiments mündet leider in eine beliebigen Auswahl der Exponate. Verspricht eingangs eine Rundschau von klischeelastigen Werbekampagnen eine differenzierte Analyse, bleiben doch zu viele Aspekte wie einsame Inseln liegen: Eine Landkarte von Damian Le Bas steht, mit einer Puppe und einer Schürze, für die Wahrnehmung von Roma und Sinti. Zwei Filmzitate erklären gemeinsam mit einer als homosexuell interpretierten Teletubbies-Figur "Nobody is perfect" . Ein Ausstellungs-Inselchen steht für japanische Frauenbilder, eines für Fundamentalismus im Islam, ein weiteres für den Mythos Indianer.

Eine kluge Themenstrecke, die Shakespeares Skylock und die Darstellung jüdischer Händler in der Kunst hätte zusammenfassen können, kann sich der Besucher aber selbst erwandern. (Isabella Hager, DER STANDARD/Printausgabe, 24.04.2009)

Diesen Artikel auf http://derstandard.at lesen.

© 2009 derStandard.at - Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf. Eine Weiterverwendung und Reproduktion über den persönlichen Gebrauch hinaus ist nicht gestattet.