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02.09.2003 - Ausstellung
Ausstellung: In das Weite schweben
Hannes Schwarz zeigt seine "Spanischen Reflexionen" im Wiener Palais Harrach. Ohne Karacho, aber mit befreiender Ruhe.
VON ALMUTH SPIEGLER


Massen, Flächen, Himmelsraum. Langsam scheinen sie sich ineinander verzahnt zu haben, sind unerschütterlich eingerastet und ruhen jetzt träge als Landschaften auf der Leinwand. Menschenleer. Unendlich friedlich. Unantastbar. "Mich hat für eine Zeit lang nichts mehr aufgeregt", erinnert sich Hannes Schwarz an die Zeit nach seinem ersten Spanienbesuch 1980. Genussvoll atmet seine Kunst nach diesem Schlüsselereignis diese Weltabgewandheit, fast ist man versucht, sie Apathie zu nennen. "Befreiende Ruhe", meint Hannes Schwarz.

Er konnte sie wohl nur in der Einsamkeit finden, weit weg von seinem Leben mit der Schuld des Kriegsteilnehmers. Weit weg vom steirischen Weiz, das er 1939, mit 13 Jahren, für eine nationalsozialistische Eliteschule in Pommern verlassen musste. Eine Biografie, die Hannes Schwarz lange in seinen "Kerkerbildern" verarbeitet hat. Geschundene, Geknechtete, Getriebene, rau auf die Leinwand verbannt.

Eine dieser expressiven Verzweiflungen, eine "Maske" aus 1952, leitet stellvertretend für diese vergangene Phase die Ausstellung im Palais Harrach ein, die sich sonst ausschließlich den "Spanischen Reflexionen" des heute 77jährigen Malers widmet. Über 100 Ölbilder, Buntstiftzeichnungen, Drucke, Mischtechniken aus den vergangenen 20 Jahren hat das Kunsthistorische Museum in Kooperation mit dem "Instituto Cervantes" in die schlichten Räume des Palais-Obergeschoßes geholt. Nach Wien geholt von Privatsammlern und dem Stift Admont, das - dank einer Schenkung des Künstlers - einen Querschnitt durch das gesamte Schwarz-Schaffen in einer Dauerpräsentation bewahrt. Noch nie waren die Bilder des Forum-Stadtpark-Mitbegründers bisher in Wien in einer Einzelausstellung zu sehen. Horizonte, die gefehlt haben.

In engen Ausschnitten blickt Schwarz in die kargen, streng vereinfachten Landschaften. Die Farben sind gedämpft, lasten glatt wie ein Hitzeschleier über Bäumen, Hügeln, Horizont. Metaphern für eine scheinbar unberührte Welt. Manchmal gleitet sie ins Märchenhafte ab, wird gefährlich dekorativ. Je abstrakter sich aber die Massen wieder platzieren, je rücksichtsloser die Grenzen gezogen werden, desto mächtiger aber wird ihre Anziehung.

Hier im Niemandsland braucht sich nichts mehr rechtfertigen, man ist am toten Ende angelangt. Sogar die Erde krümmt sich hier scheinbar unbeobachtet und ein entrücktes Bild in Weiß und zartem Grün aus dem Jahr 2001 führt noch weiter in einen Traum, "Wo Haus und Bäume in das Weite schweben". Das Palais Harrach als Meditationszentrum. Es ist die voraussichtlich drittletzte Ausstellung, die das Kunsthistorische Museum hier organisiert.

Bis 28. September. Täglich 10-18 Uhr.



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