Stets hat Ernst Gombrich nach der
Meisterschaft in der Kunst gefragt, Originalität allein genügte ihm nicht.
So schätzt er etwa Joseph Beuys nicht besonders, dafür aber den spanischen
Barockmaler Velazquez umso mehr. Und mit seiner Meinung hielt Gombrich
nicht hinterm Berg. Den Kubismus zum Beispiel charakterisierte er einmal
als eine "ganz lustige Erfindung, aber keine sehr gute".
Kunst als Medium
Kunst war für ihn stets ein System von Bildern, Zeichen und Metaphern.
Analog zur Sprache gestand er ihr Verständigungscharakter zu und reihte
sie unter die von der Vernunft bestimmten Äußerungen des Menschen.
Gombrich schloss in seine kunsthistorische Forschung auch
psychoanalytische Ansätze ein. Er stand auch in engem Kontakt mit Sir Karl
Popper. Aus Gesprächen mit dem französischen Kunsthistoriker Didier Eribon
entstand der Band "Die Kunst, Bilder zum Sprechen zu bringen". Ein
weiterer Forschungsschwerpunkt Gombrichs war der Begriff der Primitivität
und seine Bedeutungsänderung seit der Antike.
Skeptischer Betrachter
Ernst Gombrich weigerte sich zwar von der Kunst des 20.
Jahrhunderts zu sprechen - für ihn gab es die Kunst als Begriff nicht, es
gebe nur Künstler und diese fänden stets neue Arten zu sehen. Dennoch
betrachtete er die Entwicklungen des ausgehende 20. Jahrhunderts mit tief
verankerter Skepsis.
"In dem neuen Kunstbetrieb um Museumskuratoren, Händler und Kritiker
wird sehr viel Gehirnwäsche betrieben", meinte er etwa in einem Interview
zu seinem 90. Geburtstag, das er 1999 der APA gab. "Unser ästhetisches
Empfinden ist sehr flexibel. Wenn man den Leuten lange genug einredet:
'Schau' Dir das an, was der Künstler da geschaffen hat. Das ist schön' -
schön darf es ja nicht mehr sein, aber irgendwie beunruhigend - dann
gefällt es ihnen auch", so Gombrichs polemische Analyse.
Er wolle durchaus nicht sagen, dass alle Schwindler sind, "aber manche
sind betrogene Betrüger". Den heutigen Künstlern würde etwas fehlen, was
die Meister der vergangenen Jahrhunderte gehabt hatten. Wie das Sandkorn,
um das sich eine Perle formt, bräuchten Künstler "ein Gefühl für ein Ziel,
einen Zweck, damit das Wunder der Kunst entstehen kann".