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Quer durch Galerien

Feuer schlucken nach Edison

Von Claudia Aigner

300 Jahre Wiener Zeitung!Da hat sich wohl jemand für seine nächste Wiedergeburt "zurechtgemacht" (unfreiwillig). Soll heißen: Er sieht jetzt womöglich genauso aus wie seine glücklose Luftmatratze. Und die ist mausetot, nämlich zerfetzt bis zur totalen Seeuntüchtigkeit. Vielleicht weil Haie keinen Badespaß verstehen. Oder weil das Leben zu den Sterblichen brutal und gemein ist und weil es bei unsachgemäßer Behandlung (etwa in haifischverseuchten Gewässern zu plantschen) auf Luftmatratzen und andere sterbliche Hüllen keine Garantie gibt. Wie auch immer: Die Person, die mit ihrer Luftmatratze in See gestochen ist und von der nur Teile ihrer Luftmatratze übrig geblieben sind, muss ein schlechtes Karma gehabt haben.
Bezeichnenderweise heißt Martin Gostners Schau in der Galerie Senn (Schleifmühlgasse 1a, bis 2. August) "Karma again". So heißt auch die ausgestopfte Damenjeanhose, die sich demütig auf ein Knie niedergelassen hat. Eine Unterwerfungsgeste, die beim Schicksal eine "Beißhemmung" auslösen soll? Übrigens: Wenn die oben erwähnte und garantiert nicht wiederzubelebende Luftmatratze, die vor den Gewalten der Natur (oder eher vor Martin Gostners Gewalten) bedingungslos kapituliert hat, nicht schon einen Titel hätte ("zu breit, zu weit"), dann hieße sie wahrscheinlich "Die gescheiterte Hoffnung" - wie Caspar David Friedrichs Seefahrertragödienbild, wo sich kühne Abenteurer mit dem Polarmeer angelegt haben und ihnen das Packeis eine Lektion erteilt hat.
Zugegeben: Gostners Luftmatratze, ein Denkmal des Scheiterns, hat nicht so eine imposante "Heldentod"-Kulisse wie das erbärmlich kleine Schiff im übermächtigen Eismeer, das von den triumphierend sich aufbäumenden Eisschollen wie eine Nussschale geknackt wird und . . . Momenterl. Hat der Luftmatratzennavigator, der sich irgendwo im Out befindet, überhaupt die Grundvoraussetzung für eine ordnungsgemäße Reinkarnation erfüllt, also wenigstens das Zeitliche gesegnet? Die Lacke, auf der die Überreste der Matratze schwimmen, ist schließlich gelb und nicht blutrot. Das irritiert ein wenig. Könnte aber natürlich ein Euphemismus sein. Wie in der Damenhygienewerbung, wenn die Vorführdame zur Veranschaulichung der Saugstärke des Produkts demonstrativ ein blassblaues "Aquarell" auf das saubere und diskrete Weiß malt, indem sie angeberisch einen Becher auf den Wattelappen schüttet. Und der staunende Zuschauer denkt beeindruckt: "Jö, die Babywindeltechnologie funktioniert jo a bei die Frau'n."
Eigentlich tragikomisch (oder nur komisch - je nach Humor und religiöser Einstellung): das Opus "Zuzler". Eine Lampe, deren Glühbirnen jemand . . . äh . . .: oral in Besitz genommen hat, bis das Glas zerbrochen ist. Die Birnen ähneln jetzt völlig ausgelaugten Luftballons (weil sie, eventuell wegen der Verletzungsgefahr, vorher mit Silikon überzogen worden sind). Der verzweifelte Versuch eines von seinem Karma Gequälten, doch noch Erleuchtung zu erlangen, sie quasi direkt aus der Lampe zu saugen, um endlich ins Nirwana eingehen zu dürfen? Möglich. Aber selbst wenn's bloß das Demonstrationsobjekt eines "Feuerschluckers im Zeitalter der Glühbirne" sein sollte, der gewissermaßen an Thomas Alva Edisons Zitzen hängt (in diesem Fall Ein-Weg-Zitzen), wär's auch kein Malheur.
Und für die Zeit nach dem Samsara hat Gostner noch einen letzten Karrierewunsch: "Nach meinem Tod möchte ich gern ein Vogelparadies sein." Konkret: eine Vogeltränke. Alles in allem sehr konzentrierte Arbeiten übers Leben vor und nach dem Tod, die dem Auge meist Vergnügen und dem Hirn Nachdenken bereiten.

Erschienen am: 18.07.2003

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