Salzburger Nachrichten am 20. Juli 2006 - Bereich: Kultur
Dunkel ward die Sonne Salzburger Kunstverein:
Sommerausstellung "Depression und Gesellschaft"
ERNST P. STROBLSALZBURG (SN). Wenigstens das Wetter macht derzeit nicht
depressiv, aber wer weiß, wie lange das Blau des Himmels zu Frohsinn
verhilft. Im Salzburger Künstlerhaus wurde ausgerechnet in der
Sommerausstellung Depression und Gesellschaft zum Thema gemacht. Die
Leiterin des Kunstvereins, Hemma Schmutz, entlehnte den Titel "Soleil
Noir" (Schwarze Sonne) einem Gedicht des unter Wahnvorstellungen leidenden
französischen Autors Gérard de Nerval. Aufgerüstet mit allerlei
Psycholiteratur von Freud bis zu Julia Kristeva hat Hemma Schmutz 17
internationale Künstlerinnen und Künstler zusammengesucht die, sich dem
Thema künstlerisch widmeten oder auch selbst von Erkrankungen betroffen
waren. Es gehe ihr weniger um die pathologische Seite der Depression,
sondern um die jedem bekannte depressive Verstimmung, meinte Schmutz bei
der Presseführung am Mittwoch. Die aus vielen Medien, von Video, Projektion zu Installation,
Fotografie und Zeichnung erstellte Ausstellung unternimmt den Versuch, das
Phänomen der Depression weniger als Krankheit, sondern vielmehr im Sinn
eines Diskurses zu fassen. Ansatzpunkte gibt es in der Aufarbeitung eines
Verlustes, etwa dem Verlust eines anderen, der Heimat oder einer Kultur
bis hin zum Verlust des Lebens, sei es durch Selbstmord oder den Tod eines
anderen. Nicht gerade ein fröhlich machendes Thema. Den Kontrapunkt zur Schau im Saal setzt Otto Zitko, der die Ringgalerie
mit seinen Streifenmalereien in Rot und Schwarz ausstattete. Unter den 17
Beiträgen fallen hintergründige Zeichnungen von Maria Bussmann auf oder
eine Installation von Gerd Löffler, der aus Medikamentenschachteln eine
Skyline errichtete. Mit präzise gemalten Bildern von Mumien ist Antje
Majewski am dichtesten beim Thema Tod. Fritz Rücker projiziert Bilder, die
seine Oma Elsa bei diversen Reisezielen in touristischer Positur zeigen.
Ein Sonderfall ist Miroslav Tichy, der in Brünn mit einer
selbstgebastelten Kamera heimlich Frauen fotografierte. Ingrid Wildli
fertigte ein Video ihres depressiven Bruders an. Besonders die Frauen
verwendeten Video für ihre Aufarbeitung eines immer brisanten
Themas.Information: "Soleil Noire", bis 10. September,
www.salzburger-kunstverein.at. |