Huldigung an die Glühbirne
Von Claudia Aigner
Was ist der kleinste gemeinsame Nenner von Audrey Hepburn
(als Holly Golightly), der Königin Victoria von England (als sie selbst),
dem Zaren von Russland (als Zar von Russland) und Tiffany? Ganz einfach:
Tiffany. In Charles Louis Tiffanys legendärem Juweliergeschäft auf der
Fifth Avenue in New York ging die Kaufkraft der oberen 10.000 ein und aus
(und eben auch die finanzielle Potenz von gekrönten Häuptern). Vor den
Auslagenscheiben demonstrierte 58 Jahre nach Tiffanys Tod Audrey Hepburn
ihre "Kau-Kraft" (im Film "Frühstück bei Tiffany"). Aber um diesen Tiffany
geht es ja eigentlich nur insofern, als er für die Entstehung von Louis
Comfort Tiffany, dem Maler, Innenarchitekten und vor allem Glaskünstler,
zur Hälfte mitverantwortlich war. (Die väterliche Juwelierwerkstatt
übernahm der Sohn dann nach dem Tod des Vaters im Jahre 1902.) Im
KunstHausWien präsentiert man nun bis 23. September den grandiosen
"Lampenkünstler" Tiffany, wie man es dramatischer und effektvoller gar
nicht tun könnte. Durch den großzügigen Einsatz von Spiegeln an den Wänden
und weil natürlich alle Lampen (aus der Sammlung Max Kohler, Zürich)
eingeschaltet sind, sieht es da geradezu "theatralisch kathedralisch" aus.
So als hätte jemand (nämlich die Kunsthandwerker der 1889 gegründeten
Tiffany Studios) die Glasfenster der Kathedrale von Chartres einfach über
Glühbirnen drübergestülpt. Und der Vergleich mit Kirchenfenstern (bunte
Glasstückchen, in Bleiruten gefasst) ist ja nicht abwegig, wie weltlich
die Lampenschirm-Motive auch sein mögen. Für seine Entwürfe griff
Tiffany meist bei der Botanik zu: Eine Lampe kann da schon wie ein voll
erblühter Kirschbaum aussehen (freilich nach den ästhetischen Kriterien
des Jugendstils) oder wie ein prachtvoller Blumenstrauß, und den
Lampenschirm "Lotusglocke" könnte man sich gegebenenfalls auch beim
Pferderennen in Ascot aufsetzen. Einmal wird man in der Schau ganz
schön hinters Licht geführt: Was frappierend wie ein geraffter Stoffschirm
aussieht, ist - ätsch - trotzdem aus Glas. Ich weiß zwar nicht, ob
Insekten einen Schönheitssinn haben, aber wenn ich ein Schmetterling wäre,
würde ich sicher in Versuchung geraten, mich auf eine Tiffany-Lampe zu
setzen. Und eine solche kann sogar aus über 1.000 Glasstücken
zusammengesetzt sein. Irgendwie hat es ja auch Tiffanys Glasparavent
im Weißen Haus geschafft, aus 1.000 Stücken zu bestehen (auf eher brutal
endgültige Weise). Um Theodore Roosevelt zu zitieren, 20 Jahre, nachdem
sich Präsident Chester A. Arthur den Paravent bestellt hat: "Haut diesen
Tiffany-Paravent in 1.000 Stücke!" Keine sehr geschäftstüchtige
Entscheidung. Denn 1997 erzielte etwa eine Lotus-Lampe bei einer Auktion
bei Christie's in New York einen Preis von mehr als 2,8 Millionen Dollar.
837 418: Das ist nicht die unter notarieller Aufsicht genau
abgezählte, in Glasscherben ausgedrückte "Tiffany-Allergie" von Theodore
Roosevelt, sondern die Patentnummer von Tiffanys schillerndem so genannten
"Favrile"-Glas, das seine unerhörte Lebendigkeit Experimenten mit
Metalloxiden verdankt. Die daraus gefertigten Lampenschirme kann man
getrost einen "Lobpreis des elektrischen Lichts" nennen. Louis Comfort
Tiffany (1848 bis 1933) hat eindeutig davon profitiert, dass Thomas Alva
Edison, den er persönlich gekannt hat, die Glühbirne erfunden hat.
Erschienen am: 07.09.2001 |
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