Das Kunsthaus Bregenz würdigt das Werk
der 90-jährigen Künstlerin Louise Bourgeois in einer Gegenüberstellung von
zwanzig Skulpturen und mehr als 100, überwiegend erstmals gezeigten,
Zeichnungen aus den Jahren 1943-2002. Die auf drei Etagen stattfindende
Schau bietet dadurch einen umfassenden Überblick der verschiedenen
Schaffensperioden und Schlüsselwerke von Louise Bourgeois.
Papier, Holz und Bronze
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"Ohne Titel", 1995 / ©Bild: F.
Delpech |
Zu sehen ist ein repräsentativer Rückblick des zeichnerischen Ouevre.
Über 50 Zeichnungen stammen aus den Jahren 2001-2002. Skulpturen der
letzten Jahre geben einen Einblick in das aktuelle Schaffen. In den
Zeichnungen entwickelt sich Bourgeois immer mehr zur Abstraktion und
Innerlichkeit hin, während ihre Skulpturen sehr unterschiedlich und
extrovertiert gestaltet sind.
Zu sehen sind bemalte Holzstelen aus den 40er Jahren. In den 50er
Jahren realisierte die Künstlerin abstrakte, geometrische Skulpturen, die
Aspekte der Plastiken von Brancusi weiterführten. In den 60er Jahren
beginnt bei der Künstlerin die menschliche Figur eine größere Rolle zu
spielen. Gezeigt werden auch hängende Zwitterwesen aus Bronze und große,
begehbare Environments der 80er und 90er Jahre.
Spinnen
Gleich im Foyer begegnen die Besucher einer riesenhaften Spinne aus
Bronze. Ihre Beine überspannen eine Fläche von sieben Mal sieben Meter,
ihr Körper schwebt in einer Höhe von drei Metern über dem Betrachter. Die
Spinne repräsentiert für Bourgeois eine beschützende und zur Verteidigung
bereite Mutterfigur.
Im Gespräch erläutert sie ihre persönliche Ikonografie der Spinne:
"Meine beste Freundin war meine Mutter und sie war ebenso klug, geduldig
und rein wie eine Spinne. Außerdem konnte sie sich selbst verteidigen."
Die leitmotivisch im Werk der Künstlerin wiederkehrende Ambivalenz von
Schutz und Ausgeliefertsein, Verführung und Bedrohung, Macht und
Zerbrechlichkeit wird durch diese monumentale Skulptur erfahrbar.
Erinnerungsräume
Auf der dritten Etage des Kunsthauses wacht eine Bronze-Spinne
gleichsam über eine der seit Mitte der 80er Jahre entstandenen "Cells",
von denen ebenfalls eine Auswahl in Bregenz zu sehen ist. Mit diesen
bildet Bourgeois Erinnerungsräume, die durchaus nicht nur biografisch,
sondern auch kollektiv begriffen werden können.
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"Spider", 1997 (Zum Vergrößern anklicken) /
©Bild: Marcus Schneider |
Von der Wichtigkeit des Entwurfs
Das Prinzip der Wiederholung, der Variation und der permanenten
Überarbeitung findet sich in Bourgeois' zeichnerischem Werk wieder. Wie
sehr Zeichnungen und Skulpturen im Schaffensprozess einander ergänzen,
beschreibt Bourgeois folgendermaßen: "Zeichnungen sind unersetzlich, weil
man auftauchende Ideen einfangen muss wie Fliegen... und was macht man mit
Fliegen und Schmetterlingen? Man konserviert sie und bedient sich ihrer
... dann entsteht aus einer Zeichnung ein Gemälde und aus dem Gemälde eine
Skulptur, denn Skulpturen sind das einzige, was mich befreit. Sie sind
greifbare Realität. Vielleicht sind wirkliche Personen das einzige, was
noch besser ist als Skulpturen."
Mehr als Skizzen
Auch wenn die Künstlerin ihre Zeichnungen dem plastischen Werk
unterordnet, sind diese mehr als bloß vorbereitende Skizzen. Bourgeois'
Zeichnungen entwickeln sich oft aus impulsiven Strichsetzungen, die - von
einem Grundgerüst aus Linien und Koordinaten ausgehend - Konfigurationen
entwickeln. Häufig entstehen unerwartete Querverbindungen eines begonnenen
Motivs mit anderen Ideen. Sie sind in farbiger Tinte und Kohle, aber auch
in Bleistift gehalten. Auch Gouachen entstehen. Allen gemeinsam ist eine
gewisse Leichtigkeit des Entwurfes.
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