10.09.2003 20:02
Eine Amerikanerin in Wien
Lisa
Ruyter übersiedelte von New York nach Wien und eröffnet mit Videos ihre Galerie
im Schleifmühlviertel - Foto
Sie macht Kunst, sammelt Kunst und verkauft Kunst anderer
Künstler. Lisa Ruyter (35), deren vibrierende Farbfelder derzeit in der Galerie
Kargl zu sehen sind, übersiedelte von New York nach Wien und eröffnet am 11.
September mit Videos von Brice Dellsperger ihre Galerie im
Schleifmühlviertel.
Wien - Auf ihren Malereien treffen knallige, mit dünnem Stift schwarz
geränderte Flächen aufeinander. Das eine mag mit dem anderen zuerst nichts zu
tun haben, doch im Ganzen gesehen fügt es sich zu einem Bild. Was für die - an
Warhols Weiterführung von "Painting by Numbers" erinnernden - Bilder der Lisa
Ruyter gilt, steht auch für ihre Person als Ganzes.
Die New Yorker
Künstlerin, 35, ist ebenfalls Sammlerin und nun auch Galeristin. Wieso in
Europa, wieso in Wien? "Ich habe schon eine Vergangenheit hier", meint die
international präsente Malerin, die ihre Galerie vom Verkauf ihrer Bilder
unterhält. Georg Kargl, bei dem sie derzeit eine Soloschau bestreitet und der
sie neben Thaddäus Ropac in Österreich repräsentiert, hatte ihre allererste
Schau (mit Christian Meyer) 1993 im Wiener Heiligenkreuzerhof eingefädelt. Der
Preis ihrer bis zu zweieinhalb Meter großen Gemälde rangiert zwischen 13.200 und
46.000 US-Dollar. "In der Verbindung von visuellen Archetypen und farbig
nachgezeichneten Fotos führt uns Lisa Ruyter die Verflachung unserer eigenen
Wahrnehmung vor Augen", heißt es in Zusammenhang mit dem 2002 bei Walter König
verlegten Buch von Lisa Ruyter/Jack Miles, Stations of the Cross.
"Warum
Wien und nicht Berlin?", war Ruyter in den Staaten oft gefragt worden. Ihrer
Meinung nach ist Wien "mit seinen Institutionen kulturell viel interessanter",
in Berlin gäbe es kein Wachstum mehr. "It feels right", in Wien zu sein, in
Zentraleuropa, so Ruyter, die von hier aus auch die Kunst der neuen EU-Länder
wie Polen oder Ungarn unter die Lupe nehmen will - auch die baltischen Länder
seien interessant. Vorerst schöpft Ruyter noch aus ihrer Vergangenheit, das
heißt aus der in Chelsea mit ihrem Exgatten betriebenen Team Gallery, deren von
ihr gestellte Künstler sie teilweise auch in Wien ausstellt.
Den Anfang
macht der von Air de Paris vertretene Künstler Brice Dellsperger, von dem Ruyter
zwei Videos zeigt. Geplant sind auch Schauen der Fotografen Miles Coolidge und
Justin Kurland sowie Malereien von Benjamin Butler. Generell will sie Leute
ausstellen, die sonst hier nicht überall gezeigt werden, "junge Kunst, auch
Experimentelles oder Soundkünstler". Auch der Fokus auf Video solle beibehalten
bleiben, so die Künstlerin-Sammlerin-Galeristin: "Es entstehen immer mehr große
Videosammlungen, das wird auch hier verstärkt passieren."
Ruyter redet
wie ein Wasserfall und gerne, wenn es um die Kunst anderer Künstler geht.
"Vielleicht habe ich auch deshalb zu sammeln und zu verkaufen begonnen", meint
die Neogaleristin, die Wert darauf legt, dass ihr Straßenlokal, ein ehemaliger
Teppichladen, kein "Künstlerprojekt" darstellt: "Ich profitiere stark von den
anderen Künstlern." Messeteilnahmen sind vorerst nur geplant. Tüchtig, diese
Frau Ruyter. Sie schmunzelt. "Manche nennen das auch verrückt." (DER STANDARD,
Printausgabe, 11.9.2003)