Propagandistin aggressiver Weiblichkeit

Mit ihren "Nanas" wurde Niki de Saint Phalle bekannt, an ihnen ging sie auch zugrunde.


Die Künstlerin Niki de Saint Phalle ist im Alter von 71 Jahren nach langer schwerer Krankheit in San Diego in den USA gestorben. Die am 29. Oktober 1930 in Paris geborene Künstlerin wurde vor allem durch ihre überdimensionalen bunten Nana-Figuren bekannt. Diese überdimensionierten, ebenso bunten wie üppig verlockende weibliche Figuren machten sie zu einer der bekanntesten Pop-Artistinnen der internationalen Kunstszene.

"Mutter und Kind"-Bank, entworfen von Niki de Saint Phalle / ©Bild: APA

Ihre Monster-Frauen, die unförmigen Plastik-Matronen sind in zahlreichen Metropolen zu finden: Paris, New York, Brüssel, Luzern, Genf, Tokio, Amsterdam oder Los Angeles.

Nach Angaben ihrer Familie starb Niki de Saint Phalle am Dienstag, den 21. Mai (Ortszeit). Sie hatte schwere Lungenprobleme, weil sie bei ihrer Arbeit häufig giftigen Dämpfen ausgesetzt war. Zuletzt litt sie unter einem lebensgefährlichen Emphysem, einer Aufblähung der Lunge.

Niki de Saint Phalle
Niki de Saint Phalle

Die Künstlerin machte 1964 zum ersten Mal von sich reden, eine ihrer ersten großen Ausstellungen hatte sie 1969 in Hannover. Als Dank an die Stadt überließ Niki de Saint Phalle im November 2000 dem Sprengel-Museum in Hannover mehr als 360 Werke aus allen Schaffensperioden. Darunter sind frühe Assemblagen, so genannte Schießbilder, Zeichnungen und Skulpturen. Das Museum ist damit das einzige, das über eine umfassende Werksammlung der Künstlerin verfügt.

Kunst-Terroristin

Niki de Saint Phalle, 1996 / ©Bild: APA
Niki de Saint Phalle, 1996 / ©Bild: APA

Bevor die Komtesse mit den breithüftigen und großbrüstigen Frauenskulpturen international populär wurde, hatte sie in der Fachwelt bereits wegen ihrer "Schießbilder" einen Namen. Robert Rauschenberg und Jasper Johns ließen ihren aggressiven Instinkten freien Lauf, wenn sie auf die von der Künstlerin geschaffenen Gipsfiguren mit Farbbeuteln schossen. Die Schöpferin der Figuren nannte sich damals eine "Terroristin der Kunst" und versuchte offensichtlich, sich von schrecklichen Kindheitserlebnissen zu befreien. "Ich schoss gegen Daddy, gegen alle Männer", meinte sie dazu.

Abwendung vom Patriarchat

1972 zielte Niki mit ihrem surrealen Filmversuch "Daddy" zum letzten Mal auf die verhassten Väter. Danach begann sie mit ihren Riesenfrauen an ihrem Mythos des Matriarchats zu arbeiten. "Männer waren sehr erfinderisch. Sie haben alle diese Maschinen erfunden, das Industriezeitalter, aber keine Ahnung, wie man die Welt verbessert", sagt die Gräfin in dem Porträtfilm "Niki de Saint Phalle" von Peter Schamoni (1996).

Kulturminister würdigt Saint Phalle

Der französische Kulturminister Jean-Jacques Aillagon hat Niki de Saint- Phalle als eine der "grössten zeitgenössischen französischen Künstlerinnen" gewürdigt.

In einer Stellungnahme hob der Politiker das "Überschwängliche, das fröhliche Provozieren sowie die Lebensfülle, die Fantasie und den Humor" der Künstlerin hervor. Im Pariser Centre Pompidou befänden sich von ihr "wesentliche und wichtige Werke".

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