Mo,
16.7.2001
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"Der Entwurf ist das Werk"
Präsentation der Werkzyklen zur Südtiroler Arbeit des
Künstlers Gottfried Bechtold
Bregenz
(VN-ag) Die große Weg-Skulptur "Zwischenzeit", die
der Vorarlberger Künstler Gottfried Bechtold in Südtirol geschaffen
hat, wurde vor wenigen Tagen auf Schloss Tirol ihrer offiziellen
Bestimmung übergeben. Eine Ausstellung in der Galerie Lisi Hämmerle
in Bregenz, die in einer anschließenden Versteigerung gipfelt, zeigt
nun sämtliche Werkzyklen, Abgüsse, Skizzen, Positiv-Negativ-Formen
des Künstlers, die begleitend dazu entstanden sind.
Dass jener Teil eines künstlerischen êuvres, den man in
Galerien und Museen zu sehen bekommt, nur einen Bruchteil des
gesamten künstlerischen Outputs darstellt, dass Versuche und
Annäherungen, Knochenarbeit, notwendig sind, diese Tatsache bleibt
meistens, zusammen mit eben jenem Material, verborgen - archiviert
und endgelagert in den Tiefen eines Ateliers. Auch für Gottfried
Bechtold stellte sich nach Abschluss der umfangreichen
Auftragsarbeit in Südtirol diese lapidare Frage: Archivierung oder
Kompostierung?
Viel Kunst für viele
Bechtold suchte Rat beim Künstlerkollegen Paul Renner.
Vielleicht nicht ohne Hintergedanken, weiß man doch von Renner, dass
er einmal pro Jahr aus der Produktion, die herausfällt, seine
"Abfallbilder" herstellt. In einer Art Spurensuche, in
kleinteiliger, fast kriminalistischer Basisarbeit, erstellte Paul
Renner, in Zusammenarbeit mit Bechtold, ein Konzept. Geprägt vom
distanzierten Blick des Außenstehenden, bringt Renner die immens
vielen Dinge, die Bechtolds Arbeiten ein Jahr lang ausgemacht haben,
in eine neue ästhetische Form.
Im Zentrum der Ausstellung, und der folgenden Versteigerung,
deren Ziel es ist, viel Kunst für wenig Geld unter möglichst viele
Leute zu bringen, stehen elf komplette Werkgruppen. Bestehend aus
bis zu 50 Einzelteilen, gruppiert sich um diese großen Zyklen ein
vielteiliges Sammelsurium. Chronologisch bzw. sinnstiftend
angeordnet, ergibt sich ein Rundgang über verschiedene Stationen,
der sämtliche Bereiche der Entstehung der großen Wegskulptur
erfasst.
Er reicht von "Historisch/A-Historisch", über "Entwurf",
"Material", "Montage" (Arbeitskleider und -gerät) und dem
"Skizzenbuch", das ein Jahr lang die Bibel von Bechtold war, bis hin
zu "Endzeit", einer großformatigen Betonplatte, die ob ihrer Ausmaße
und Gewicht nur als Fotodokumentation in der Galerie zugegen ist.
Was in den Schachteln manchmal wie Überraschungspakete aussieht,
und Schuhsohlen, zarte Abgüsse von Laub und Abdrucke in Beton
vereint, ist nicht Überschuss, den man auf vorteilhafte Weise
entsorgen will.
Gottfried Bechtold sieht im vollgeräumten Galerieraum vielmehr
die Quintessenz seines Schaffens ausgestellt, wenn er sagt: "Der
Entwurf ist das eigentliche Werk."
Außerdem sei diese Präsentation, die wie durch ein Guckloch den
Blick auf eine künstlerische Arbeit erlaubt, die von ständigen Denk-
und Arbeitsprozessen geprägt ist, "eine Lehre für die Menschheit,
dass ein Künstler nicht in der Früh aufsteht, an einen Zaun wichst
und damit eine Million Schilling verdient."
Die
Weg-Skulptur
Im Rahmen der Neukonzeption des Südtiroler
Landesmuseums Schloss Tirol hat Gottfried Bechtold eine 300 Meter
lange, begehbare Großplastik verwirklicht.
148 Betonplatten, trapezförmig, mit einer Seitenlänge von je zwei
Metern sind entlang der Wegachse aufgereiht. Als Bildträger
beherbergen die Platten eine simultane Vielzahl verschiedener
Abdrucke tierischer, menschlicher, natürlicher, aber auch
artifizieller Herkunft, als Spuren, die aus völlig heterogenen
Zeitebenen stammen. Im Aufeinanderprallen der Zeiten entsteht ein
dichtes Beziehungsgeflecht zwischen Vergangenheit und Gegenwart,
wenn sich der Abdruck des mittelalterlichen Brautbechers von
Schlossherrin Margarethe Maultasch neben den zeitgenössischen Spuren
eines Mountainbikes findet. So wird der Weg, als Verbindung zwischen
zwei Punkten, zur vielgestaltigen Metapher und zur vielleicht
perfektesten Beschreibung des Begriffs der Zeit.
Als "Wanderer zwischen den Zeiten" sieht sich der Künstler,
dessen Weg auch etwas Doppelbödiges hat: Vorgabe einerseits, Angebot
andererseits, spielen sich Künstler und Rezipient die Bälle
wechselnd zu.
Die Versteigerung findet am Samstag, 21. Juli, um 11 Uhr
in der Galerie statt, Vorbesichtigungstermine bis 20. Juli, täglich
von 10 bis 12 und 18 bis 24 Uhr, die Galerie bleibt mit Arbeiten von
Bechtold bis 31. Juli geöffnet.
Galerie Lisi Hämmerle bietet Einblick in Arbeitsprozesse von
Gottfried Bechtold. (Foto: Shourot/Hofmeister) |
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