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Galerie Hubert Winter. Neben der Installation,
Zeichnung und Malerei sind für Birgit Jürgenssen Photographie und
Video wichtige Medien. Ihre aktuelle Ausstellung nennt sie "ich weiß
nicht". Und wie schon das Großbild des von schmutzigen Schneemassen
verschütteten gelben R4 im Schaufenster andeutet, geht es dabei ebenso
sehr um Parameter wie "Ich", "Negation", "die Farbe Weiß" wie um
Uneindeutigkeiten. Dafür lotet Jürgenssen verschiedene Motive aus: ein von
Hölderlin-Lektüre begleitetes Wintergewitter als schauriges
Aufeinandertreffen von Natur- und Kunstgewalt; ein minutiöser Kameratrip
durchs Atelier, angelegt als endlose Videoschleife; Photographien von
Bäumen im Schnee oder dem herbstlichen Wienerwald als
Erinnerungsstenogramme. Nur manchmal verrennt Jürgenssen sich in
computertechnischen Exerzitien und überzieht beispielsweise Frauenhaut mit
verspieltem Zebramuster (VII., Breite Gasse 17; bis 20. Dezember).
Knoll Galerie. "Objects" untersucht Orshi Drozdik in ihrer
dritten Wiener Schau: Porzellanfiguren aus dem 19. Jahrhundert und
altes römisches Apothekeninventar. Als Instrument für Analyse und
Aufzeichnung dient ihr dabei der Photoapparat. In extremen Vergrößerungen
dokumentiert sie nicht nur persönliche Erinnerungsmomente. Wie in früheren
Arbeiten versucht sie auch hier, klischierte Rollenbilder und eingefahrene
Machtstrukturen sichtbar zu machen. Allerdings stehen der ästhetischen
Absicht diesmal eigene Sentimentalitäten und ein überzogener Moralanspruch
im Weg (VI., Esterhazygasse 29; bis 17. November).
Mezzanin. Im Dreischritt treffen hier Malerei und Photographie
kalifornischer Konzeptkünstler unterschiedlicher Generationen aufeinander.
Da zollt etwa Santos R. Vasquez seinen beiden Kollegen Tribut,
indem er kalifornische Architekturmotive aufgreift, die die beiden
ihrerseits in ihrer Kunst zitiert hatten. Bill Leavitt beschäftigt
sich in frischer Malerei mit dem Konsumismus seiner Landsleute.
Christopher Williams vollendet den Reigen und legt in seinen
Architekturaufnahmen von Brasilia den absurden, Amerika nachempfundenen
Modernismus einer Wüstenstadt frei, die es nicht geschafft hat, eine
lebendige urbane Szenerie hervorzubringen (VII., Mariahilfer-straße 74b;
bis 16. November).
Galerie Johannes Faber. Am meisten interessierte Jacques-Henri
Lartigue (1894-1986) das Thema Bewegung, und zwar in jeder Form: sei
es der erste Flugversuch seines Onkels oder ein durch die Luft springender
Hund. Mit seiner Aufmerksamkeit für diese uralte Sehnsucht des Menschen,
die um die Jahrhundertwende entscheidende Fortschritte machte, sicherte
sich Lartigue in der Geschichte der Photographie einen fixen Platz. Die
Arbeiten von Philippe Halsman (1906-1979), zeichnen sich zusätzlich
durch Witz aus. Er schaffte es, 101 Mal aufs Cover des LIFE-Magazins zu
kommen. Kaum ein Prominenter der Nachkriegszeit, den der Profi nicht
verewigt hätte: die Monroe, Warhol, Dalí, Oskar Werner. Als köstliches
Beiprodukt der Photosessions ließ er sie alle in die Luft springen - die
Dokumente, genannt Jumpologie, sind in einem eigenen Buch veröffentlicht
(IV., Brahmsplatz 7; bis 24. November).
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Presse | Wien
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