Salzburger Nachrichten am 29. November 2006 - Bereich: Kultur
Das Schwarze für den Tod

Arnulf Rainer befasste sich als "Übermaler" mit den Jahresregenten Mozart und Freud. In Mozarts Wohnhaus und im Freud Museum Wien sind Ausstellungen zu sehen.

GUDRUN WEINZIERL SALZBURG (SN). Schon im Mozartjahr 1991 wurde Arnulf Rainer beauftragt, sich mit dem Thema "Requiem" zu befassen, nun ist er in Zusammenhang mit dem aktuellen Mozartjahr wieder da. Begleitend zur Konzertreihe "Dialoge" der Internationalen Stiftung Mozarteum mit dem finalen Thema "Tod" sind in Mozarts Wohnhaus am Makartplatz Bilder von Arnulf Rainer zu sehen: düstere, melancholisch wirkende schwarze Rechtecke, die vor rund 30 Jahren entstanden sind.

Im Sigmund Freud Museum in der Wiener Berggasse 19 werden anlässlich des Freud-Jahres aktuelle Übermalungen von Fotos des Phsychoanalytikers gezeigt, die Rainer am Mittwoch der Vorwoche präsentierte. "Es ist so, als würde man seinen eigenen Vater übermalen", sagte Rainer bei der Eröffnung von "Rainer über Freud". Ist in Mozarts Wohnhaus parallel dazu "Rainer über Mozart" zu sehen?

"Erst durch das Verdecken wird das Andere erahnbar, die Nacht und die Finsternis sind ein Weg zum Erkennen", sagt Arnulf Rainer im SN-Gespräch zu seinen "mortifizierten", fast gänzlich schwarzen Bildern. Die Arbeiten stehen am Ende einer jahrzehntelangen Entwicklung zum zugemalten Bild.

"Meine Übermalungen waren der dialektische Pol zum Ekstatischen und zum Expressiven in meiner Malerei. Das ursprüngliche Motiv war auch bei den Zumalungen zunächst noch an den Rändern zu erkennen, bis es gänzlich verschwand. Ich machte die Erfahrung, dass es das Schwierigste in der Kunst ist, an allen vier Ecken gleichzeitig zu malen. Manchmal musste ich die Zustreichung dreier Ecken fast ohne Formgefühl, fast ohne Inspiration forcieren, um mich wieder zurechtzufinden, um aus dieser Hölle herauszukommen. Ich blieb sonst in einer durchschaubaren, unqualifizierten Bildform stecken. Erst wenn ein einziger winziger weißer Restfleck übrig blieb, atmete ich wieder auf. Ich sah klarer, konnte die Bildgestalt wieder erfassen, konnte korrigieren", sagt Rainer.

In der vielschichtigen Schwärze dieser kleinen Arbeiten, die teils samtig, teils glänzend, rau und glatt, körnig, ruhig zugestrichen wie auch mit wildem Pinselstrich bearbeitet wirken, liegt Rainers emotionaler Zustand, der aus dem Expressiven hinein führt in die Kontemplation.

"Lange Zeit war für mich das ganz dunkle Bild ideal, voll von einem überwältigenden Schweigen. Nur das ,Fast‘, das ,Beinahe‘ waren mir möglich. Ich hatte mich in diesem Grenzbereich häuslich eingerichtet, versuchte, deutliche Formmaßstäbe zu finden, wollte diese dunkle schwere Ruhe immer wieder erleben, formulieren, suggerieren. Immer neue Anläufe nehmend, suchte ich, Varianten zu finden", beschreibt Rainer die Zeit der Zumalungen.

Rainer ist einer, der sehr wenig Musik hört, die Musik von Mozart war ihm kein Anlass, das Thema zu bearbeiten. Er hat mittels Kleinformat und Verdunkelung Mozarts Tod aus der medialen Zurschaustellung in die Intimität übergeführt. Informationen: www.dialoge-festival.at, www.freud-museum.at