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Kunstberichte
Kunstraum Niederösterreich in der Wiener Innenstadt zeigt ab dem 1. Oktober Werke zum Thema Migration

"Mit uns ist kein (National)Staat zu machen"

Dies Ausstellung im 
Kunstraum Niederösterreich will durch die gezeigten Werke auch 
provozieren. (Foto: Kunstraum NÖ)

Dies Ausstellung im Kunstraum Niederösterreich will durch die gezeigten Werke auch provozieren. (Foto: Kunstraum NÖ)

Von WZ Online

Aufzählung Buchprojekt setzt sich mit dem Transitort "Traiskirchen" auseinander.

Wien. Über dem Eingang prangt in riesigen Lettern der Ausstellungstitel "Mit uns ist kein (National)Staat zu machen", im Inneren empfängt den Besucher als Referenz zum Asylzentrum Traiskirchen ein bewegungsgesteuerter Lautsprecher mit den Worten "Essen, Essen! Jam, Jam!". Der Kunstraum Niederösterreich in der Wiener Innenstadt beschäftigt sich ab Freitag (1. Oktober) mit Migration und präsentiert Arbeiten von 15 Künstlern, die sich auf sehr unterschiedliche Weise damit auseinandersetzen.

"Im Kunstbereich wird dieses Thema nur wenig behandelt", klagte die Direktorin Christiane Krejs heute, Dienstag, bei einer Vorabbesichtigung der APA. Die Idee zur Schau entstand schon vor drei Jahren, wie Krejs erklärte. Sie sei von der Künstlerin Anna Jermolaewa gefragt worden, ob sie sich "traue, zu diesem Thema etwas zu machen". Die gebürtige Russin Jermolaewa verbrachte bei ihre Einreise nach Österreich einige Tage im Asylzentrum Traiskirchen, von ihr stammt die Audioinstallation im Eingangsbereich. Vor einem Jahr stellten dann vier junge Künstlerinnen ein Buchprojekt vor, das sich mit dem Transitort auseinandersetzen sollte. "Daraufhin habe ich die Kuratoren gefragt, ob sie etwas zum Thema Migration machen wollen", so Krejs.

Visualisierung von Ausgrenzungsmechanismen

Die Kuratoren – das sind Ursula Maria Probst und Walter Seidl. Sie luden Künstler mit Migrationshintergrund ein, sich an der Ausstellung zu beteiligen. Entstanden ist daraus ein bunter Mix aus Videoinstallationen, Bildern und Texten, die unterschiedliche Zugänge zu Migration, Ausgrenzungsmechanismen und der medialen wie politischen Diskussion präsentieren. Der gebürtige Rumäne Ovidiu Anton versucht mittels Video- und Diaprojektionen die Flucht seines Vaters nach Österreich zu veranschaulichen. An einigen Stationen dieses Weges führte Anton auch Interviews mit seinem Vater, die dessen Erlebnisse und Erfahrungen veranschaulichen.

Für das Buch "Traiskirchen" beschäftigten sich Marlene Hausegger, Eva Engelbert, Tina Oberleitner und Roswitha Weingrill ein Jahr lang mit dem Transitort. Das Ergebnis ist eine Mischung aus Interviews, Essays, Zeichnungen und Fotografien. Zu Wort kommen sowohl Asylwerber wie auch Bewohner von Traiskirchen, die ihre persönlichen Eindrücke schildern. Die Reaktionen der befragten Menschen seien ganz unterschiedlich gewesen, von offen bis sehr reserviert, erklärte Weingrill: "Man merkt, dass es einfach ein total emotionalisiertes Thema ist." Zum Abschluss des Projekts entschlossen sich die Künstlerinnen, eine Bibliotheksinitiative für das Asylzentrum zu starten. "Zehn Prozent des Verkaufserlöses kommen dieser Initiative zugute", so Hausegger, womit die vorhandene, allerdings sehr kleine Bibliothek ausgebaut werden soll. In der Ausstellung werden verschiedene Abschnitte des Buches präsentiert.

Persiflage auf plakative Bildsprache der Medien

Die oft plakative Wort- und Bildsprache von Medien persifliert Hansel Sato, der eine als Boulevardblatt getarnte antirassistische Zeitung gestaltete und diese an öffentlichen Plätzen verteilte. Die Reaktionen der Menschen hielt er auf Video fest. Zwei weitere Arbeiten stammen von Michail Michailov, der etwa eine Karte Österreichs collagenartig mit afrikanischen Tieren füllte, wobei die "Rechtslastigkeit des Bildes beabsichtigt ist", wie Seidl betonte. Die zweite Arbeit des gebürtigen Bulgaren zeigt das Österreichische Wappen, allerdings wurde der Kopf des Adlers mit jenem von Michailov ersetzt, die Zunge weit herausgestreckt.

"Wir wollten mit dieser Ausstellung Aspekte wie Aufenthaltsstatus, Wahlrecht für Migranten oder die Behandlung dieser Menschen in der Gesellschaft thematisieren", so Seidl, dessen Kollegin Probst ergänzte: "Die Arbeiten dieser Künstler zeigen, wie man politisch und ästhetisch formale Lösungen dafür finden kann." Eröffnet wird die Ausstellung, die bis 11. Dezember bei freiem Eintritt zu sehen sein wird, am Donnerstag (30.9.) mit der Performance "I'm too sad to tell you, Bosnian Girl!" der Künstlerin Ana Hoffner. Der Katalog zur Ausstellung liegt der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "MO" von SOS Mitmensch bei. (APA)



Dienstag, 28. September 2010 15:00:00
Update: Dienstag, 28. September 2010 15:08:00

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