Galerien
Die Liebe zur Vaseline
(cai) "Arge Schwarz" – hm. Hört
sich nach einer Gruppe von Schwarzarbeitern an. Trotzdem verbirgt sich
dahinter ein gewisser Christoph Schwarz, der offenbar eine multiple
Persönlichkeit, nämlich zu viert ist. Also ein "Einer für alle, alle für
einen"-Typ und dieser Eine schaut zufällig aus wie jemand, der wirklich
Christoph Schwarz heißt. Klingt verrückt, ist aber so.
(Okay, ich versteh’s auch nicht so ganz.) Der ist nun nicht
einfach nach China geflogen , er ist dorthin vegetiert ,
äh, ich mein’, er hat sich für die umständliche "Der Weg ist das
Ziel"-Methode entschieden. Ist durch die Weltmeere geschippert, bis er
übergeschnappt ist, weil er der Einzige auf dem Containerschiff war, das
per Autopilot nach Shanghai gefahren ist. Ein Isolationsexperiment?
Soll das klären, wie sich die Weltwirtschaft auf die Psyche des
Individuums auswirkt?
Seine Reise hat er jedenfalls filmisch dokumentiert. Also wie er
versucht, die Langweile mit dem Mopp quasi zu erschlagen, bevor sie
ihn umbringt, und wie er dann ein paar Container öffnet, die
(nanu?) alle leer sind. Er gibt ihnen Namen (Leopold, Vaseline...),
bringt der Vaseline ein Ständchen. Falls jetzt jemand in den Keller der
Galerie Frey hinabsteigen will, um sich "Supercargo" anzuschauen (auf
Chinesisch mit englischen Untertiteln – na ja, besser als Suaheli mit
finnischen Untertiteln): Achtung! Vaseline ist kein
weiblicher Vorname! (Die eigene Tochter so zu taufen, wäre eine Form von
Kindesmisshandlung.) Eine brisante Doku in der Tradition von "Dead Man
Working", nein: "Workingman’s Death", und so absurd, als würde da einer
mit einem leeren Billasackerl über die Pyrenäen kraxeln, um drüben
günstiger einzukaufen. Die Wirtschaft ist halt mit dem Verstand nicht
mehr zu begreifen. Und natürlich existieren gar keine
ferngesteuerten Frachter. Doch die Kunstaktion ist dermaßen real, dass
sie schon wahrer ist als die Wirklichkeit.
Galerie Frey
(Gluckgasse 3), Christoph Schwarz,
bis 22. Jänner
Mo. – Fr.: 11 – 19 Uhr, Sa.: 10 –16 Uhr
Blei fliegt – nach unten
(cai) Die Welt ist die
Gesamtheit dessen, was runterfallen kann. Nein, Wittgenstein hat das
anders formuliert: "Die Welt ist alles, was der Fall ist." Doch damit
hat er wohl nicht den freien Fall gemeint. Eva Schlegel befasst sich
aber eindeutig mit dem Fliegen und Abstürzen und hüpft dabei zwischen
der romantischenSehnsucht und der analytischen Ernüchterung hin und her.
Da schmachtet sie Wetterballonen hinterher, und auf Blei, das sich zur
Schwerkraft ja extrem hingezogen fühlt, druckt sie Bilder von Menschen,
die starken Aufwind haben (wo es zwischen Steigen und Fallen grad
unentschieden steht). Dazwischen trockene Textezu Parabelflug und Ufos.
Und den Punkt, der sich zum Bild verhält wie das Bröserl zur Semmel,
bläst sie zu einer Kugel auf, die den Blick erdrückt. Im Spiegelkabinett
kann man dann zwar, wenn man den Kopf in die Regale steckt, bis zur
Unendlichkeit und noch viel weiter sehen, aber man muss sich halt
anstrengen.
Galerie Krinzinger
(Seilerstätte 16), Eva
Schlegel, bis 5. Februar
Di. – Fr.: 12 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 16 Uhr
Echt schmutzige Bilder
(cai) Was kriegt man raus, wenn
man nackerte Leinwände "hänselt und gretelt" (also im Wald aussetzt)?
Schmutzige Bilder. Mit beschaulichen Schimmel- und Erdflecken. Schon was
Intimes. Wenn das nicht der wahre Naturalismus ist! Bei Beate Glück
kommen dann noch künstliche Zusatzstoffe dazu. Sie verkleidet sich als
grelle indische Tänzerin oder als "Shivagirl", macht Fotos und
collagiert die auf die halbverdauten Tücher. Verführerisch ist vor allem
die Technik, diese "Heilige Hochzeit" zwischen Himmel (den
Hindu-Göttern) und Humus, zwischen Exotik und Heimaterde.
Galerie Lang Wien
(Seilerstätte 16), Beate Glück,
bis 12. Februar
Di. – Fr.: 12 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 16 Uhr
Printausgabe vom Mittwoch, 19.
Jänner 2011
Online seit: Dienstag, 18. Jänner 2011 17:48:00