Umfassendes Kelten-Bild

Die Frankfurter Ausstellung stellt die frühen keltischen Großplastiken in ihren umfassenden kulturellen Kontext.
Von Margarethe Engelhardt-Krajanek.


Erstmals werden in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt keltische Großplastiken präsentiert. Die 40 Skulpturen aus acht europäischen Ländern bieten in einer noch nie da gewesenen Gesamtschau Einblicke in den Ahnenkult der frühen Kelten.

Im Mittelpunkt der Ausstellung "Das Rätsel der Kelten vom Glauberg", die vom 24. Mai bis zum 1. September gezeigt wird, stehen die vier steinernen Fürsten vom Glauberg.

Abbild des Toten

Statue eines Fürsten (Zum Vergrößern anklicken)
Statue eines Fürsten (Zum Vergrößern anklicken)
Die lebensgroßen Sandsteinskulpturen waren 1994 in unmittelbarer Nähe der Fürstengräber vom Glauberg, 30 Kilometer nordöstlich von Frankfurt, gefunden worden. Eine der Statuen ist nahezu vollständig erhalten. Dargestellt ist ein Krieger mit Panzer, Schmuck und Schild.

Der Grabungsleiter Fritz-Rudolf Hermann erklärt: "Diese Großplastik ist bis heute das Detail-reichste Abbild eines frühkeltischen Fürsten des 5. Jahrhunderts vor Christus. Sie stellt die Herrscherpersönlichkeit in voller Rüstung und mit ihren Machtsymbolen dar."

Kultisches Zentrum

Der Fund der steinernen Fürsten war wissenschaftlich eine Sensation. Luftaufnahmen hatten in unmittelbarer Nähe des keltischen Fürstensitzes auf dem Glauberg einen Kreisgraben gezeigt. Das vermutete Fürstengrab entpuppte sich jedoch als sakraler Bezirk. Mit einer geschätzten Fläche von 1,5 Quadratkilometern zählt dieser zu den größten bekannten frühkeltischen Heiligtümern in Zentraleuropa.

Luftaufnahme des Grabhügels 1, September 1996
Luftaufnahme des Grabhügels 1, September 1996

Von einem Kreisgraben umschlossen, bilden zwei keltische Fürstengräber das Zentrum der Anlage. Die steinernen Abbilder der Fürsten waren innerhalb des Tempelbezirkes deponiert worden. Eine zehn Meter breite Straße führt zu dem sakralen Bezirk. "Vermutlich handelt es sich um ein kultisches Zentrum für ein weites Umland, eine Stätte der Ahnenverehrung ebenso wie vielleicht den Platz für Wettkämpfe und Festspiele", so Herrmann.

Riskante Bergung

Grabrekonstruktion (Zum Vergrößern anklicken)
Grabrekonstruktion (Zum Vergrößern anklicken)
Die Bergung der Fürstengräber war für die Archäologen eine Herausforderung. Von Grabräubern verschont waren die 80 Zentimeter hohen Grabkammern durch die Bodenerosion und die Flurbegradigungen auf wenige Zentimeter zusammengepresst worden.

Eine Grabung unter offenem Himmel war zu risikoreich. In einer so genannten "Blockbergung" wurden die gesamten Grabkammern eingeschalt und in das Restaurierungslabor nach Wiesbaden transportiert.

Röntgen-Aufnahmen

Die Röntgenaufnahmen zeigten den Archäologen, was sie erwartete: Grab 1 enthielt das Skelett eines 28- bis 32-jährigen Mannes, den Schwert und Schild, Pfeile und Bogen als Krieger auswiesen. Sein goldener Halsring, Ohrringe und Armringe aus Gold, bronzene Fibeln und Spangen zeichneten ihn als Fürsten aus.

Die bronzene Schnabelkanne war mit Honigwein gefüllt und sollte dem Toten symbolisch als Wegzehrung dienen. Im zweiten Grab war über die Asche des Toten dessen Schwert und Lanze sowie die mit Fibeln und Schnallen besetzte Kleidung gelegt worden.

Keltische Schnabelkanne
Keltische Schnabelkanne

Feinarbeit im Labor

Die Feinausgrabung im Labor sollte die Bauweise der Grabkammern klären. Spuren von organischen Materialien wie Leder, Textilien oder Koralle konnten im Labor optimal gesichert werden. Die in der Erde gefundenen Pollen ermöglichten es, die Veränderungen der Vegetation im 5. vorchristlichen Jahrhundert zu rekonstruieren.

Europäische Zusammenschau

Rätselhaft ist den Archäologen die Funktion der Skulpturen. Denn die Oberflächenanalysen zeigen, dass sie nur Jahre oder Jahrzehnte der Witterung ausgesetzt waren. Eine Beobachtung, die auch bei anderen steinernen Fürstenporträts gemacht wurde. Musste das Abbild des Fürsten seinem Nachfolger Platz machen? Dazu meint der Archäologe Otto-Hermann Frey: "Sicher ist nur, dass die Statue unmittelbar zu der ganzen Grabanlage gehört."

Die Zusammenschau der frühen keltischen Großplastiken aus ganz Europa zeigt noch mehr Parallelen. So verschieden die regionalen Trachten und Rüstungsdetails sind: Die lebensgroßen Figuren nehmen alle die gleiche Haltung ein. Sie stehen breitbeinig und in aufrechter Haltung, die Arme vor Brust und Bauch gekreuzt.

Objekte aus 60 Museen

Mit insgesamt 900 Objekten aus 60 Museen der Welt wird in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt im Ausstellungsdesign von Hans Dieter Schaal ein umfassendes Bild keltischer Kunst und Kultur präsentiert.

Tipp:

Glaube - Mythos - Wirklichkeit - Das Rätsel der Kelten vom Glauberg, Ausstellung in der Frankfurter Kunsthalle Schirn, 24. Mai bis 1. September

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