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Junge Lebenslust hat sie
bestens skizziert |
Erster Platz in der Kategorie
Literatur Oberösterreich beim internationalen Jugendwettbewerb
"sprichcode": Johanna Dellinger aus Ottnang. Hier ist ihr
Siegertext "An einem Schneetag", der ausgesprochen authentisch
Glücksgefühle transportiert.
Da bin ich Schlitten
gefahren auf spiegelglatter, wunderbar geräumter und
unbestreuter Straße. Hui den Berg hinunter, kreischend,
jauchzend und so frei und jetzt wie man nur sein kann, und
dann wieder rauf, singend, plappernd, keuchend und lachend.
Mit meiner allerliebsten Schwester.
Ich bin
gegen die vom Schneepflug aufgetürmten Schneemauern gefahren,
die die Straße zu beiden Seiten begrenzen, wild und fest
entschlossen und sprühend und begeistert.
Von der
Trägheit nach vorne gerissen werden und in den Schnee fliegen.
Einen Moment so schwerelos und unbeschwert sein. So ganz frei
von allen Schwierigkeiten und Zwängen, so ganz und gar
festgehalten im Jetzt, eine glückliche, jubelnde Gefangene der
Gegenwart.
Verrückt, laut, glücklich lachen. Auf der
Straße liegen bleiben und den Schnee spüren. Mit dem ganzen
Körper so da sein, so voll mit mir selber und randvoll mit
meinem Glück, und es sprudelt über und lacht in meinem Mund,
gluckert auf die Straße wie eine winzige Quelle und breitet
sich aus und kommt zurück und bindet mich im Jetzt, mit
goldenen, leuchtenden Bändern die fester halten als alle
Eisenketten der Welt. Und ich stehe auf und bin.
Ich
gehe hoch und taufe den Schlitten Otto, und neben mir ist
meine Schwester, meine verrückte, überdrehte Schwester, der
kalt ist und die noch einmal fahren will. Wir fahren und
werden so schnell. Der Schlitten liegt schwer auf dem Schnee
und presst ihn zusammen.
Ear macht dieses unverkennbare
Geräusch, das meine Schwester an galoppierende Hufe, nur
schneller, erinnert. Das nicht knirscht sondern anders ist,
ein pappendes Geräusch, schwer, aber schnell. Der Schnee, der
unter unserem Gewicht seufzt.
Wir fahren ganz hinunter
und dann stemmt meine Schwester ihren Fuß auf den
Boden.
Und der Schlitten, unser guter Otto, dreht sich
folgsam um 90 Grad und stoppt abrupt an der Schneemauer und
wir fliegen, fliegen seitlich herunter. Da ist er wieder, der
Moment der Schwerelosigkeit, der Freiheit, der
Gedankenlosigkeit, dieser Moment des Seins, in dem nur ich
bin, in meinem Körper, so da und vorhanden. Jede Zelle jubelt
und überschlägt sich, und fühlt sich frei und wild und
ungezwungen, und ganz allein auf der Welt, ganz allein mit
allen Anderen. Da liege ich seitlich auf der Straße und denke
nicht, liege nur da und fühle mich so wohl. Bin so überdreht
und verrückt und für einen Moment, zeitlos wie die Ewigkeit,
genau das, was ich sein will.
Ein freies, unabhängiges,
wildes, wildes, übersprudelndes, kraftvolles, momentanes
Geschöpf. In diesem Moment weiß ich gar nichts und alles, denn
nichts ist wichtig außer mir, die ich hier liege. Und japse
vor Glück und dieses verrückte Lachen lache. Ich würde es
sonst als manisch abtun, als überzogen, aber es fühlt sich so
gut und frei an und ich lache weiter. Dann stehen wir auf, ich
und meine Schwester und Otto, und wir machen uns auf nach
Hause.
Doch da, sieh da, da kommt ein Auto und wir
werfen uns über die Schneemauern und ich liege in der Wiese
und lache und da ist Pulverschnee um mich herum und der ist
weich und trägt mich doch so gut, und ich kann gar nicht
aufhören zu lachen. Unser Garten ist unter einer hohen Schicht
aus weißem Schnee begraben. Funkelndem, leichtem, tiefem,
kaltem Schnee, und überall sind Spuren.
Löcher, da wo
wir uns durchgekämpft haben, bis zur Hüfte im Schnee
versinkend, missmutig stapfend, begeistert vorwärts strebend,
gleichgültig die Beine nachschleifend oder vergnügt im Weiß
herumfallend. In unserem Garten ist soviel Schnee wie noch
nie. Rundherum auch, und es gibt da eine Wehe, die ist fast so
groß wie ich.
Da hat meine Schwester eine Höhle
hineingebohrt, und dann hab ich auch eine gegraben. Meine
Schwester hat derweil einen Tunnel gebuddelt, um die Beiden zu
verbinden. Das letzte Stück hat sie mit einem Pfahl
durchstoßen, nur um zu sehen, wie weit sie noch
hat.
Dieser Pfahl hätte mir fast die Nase gebrochen,
weil ich doch sehen wollte, wo er rauskommt, und ich bin
richtig aus meiner Höhle katapultiert worden, so schnell bin
ich zurückgeschreckt. In dieser Höhle habe ich gelegen und der
Stille zugehört, die unter dem Schnee ist. Ich habe mir das
Dach besehen, voller Handschuhspuren, voller Rillen, und so
dünnhäutig, dass man fast schon fürchten musste es würde
gleich einbrechen.
So dünnhäutig nämlich war es, dass
das Licht durchschimmerte und der Schnee wurde bläulich weiß.
Diese Farbe mag ich gerne, weil das Licht dort silbern ist,
auch wenn es blau aussieht. Es fühlt sich silbrig an, und ich
werde ganz ruhig und wach und entspannt zugleich wenn ich es
ansehe.
Außerdem bin ich durch den dunklen Garten
gehüpft und habe wilde Sprünge im Tiefschnee gemacht und
Schnee mit der Fußspitze herumgeschleudert und dabei gejohlt
und mit den Armen gefuchtelt.
Ja, und dann sind wir von
dem Stiegengeländer in den Schneehaufen daneben gesprungen.
Ich bin mit beiden Beinen hineingeschossen und bis zum
Oberschenkel darin stecken geblieben. O ja, es war kalt und
wie lebendig und durchgeblasen werde ich in kalter Luft!
vom 06.05.2006 |
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