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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
21. April 2005
18:00 MESZ
Von
Markus Mittringer

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viennAfair.at

Bis 24.4.
Einen Bericht über Verkaufsergebnisse lesen Sie am kommenden Donnerstag 

Foto: APA/GALLERY ZVONO
'Send off' von Nikola Savic bei der 'Gallery Zvono' (Ausschnitt)

Willkommen in der Gegenwart!
Die "viennAfair" ist eröffnet – und damit erstmals in Österreich eine Kunstmesse, die international konkurrenzfähig anmutet

Qualität und Präsentation entsprechen den gängigen Erwartungen von Basel über London bis Miami.


Wien – Nachdem in Wien – den großen Meistern längst vergangener Epochen und ihren windhundflinken Zeremonienmeistern im Heute sei Dank – nun endlich Großausstellungen aussehen wie überall anders auch, die Stadt mit Rubens bis Mondrian und Chagall recht fest und aktiv im internationalen Tourkalender verankert ist, nun gleich die nächste Innovation: Wien hat jetzt eine Kunstmesse, die so aussieht wie Kunstmessen überall anders auch. Die aussieht, so wie eine gute Kunstmesse heute aussieht.

Vorbei das Gedränge durch die Kobel in den voll gepferchten Hallen des Museums für angewandte Kunst, vorbei auch die Zeiten der annähernd geschlossenen österreichischen Meisterschaften.

In Gustaf Peichls und Erlach-Moßburgers luftig lichter Messe-Halle A mit dem keck spitzwinkeligen Foyerbau lässt sich recht unbedrängt durch eine Kojenlandschaft wandern, die das Büro "Kühn Malvezzi" souverän wie schon das Leitsystem der Frankfurter Schirn angelegt hat.

Die Stelle gemeinhin wackeliger Standsysteme nehmen jetzt "Wände" ein, die durchaus den Eindruck von Massivität erwecken, die es ermöglichen, "Architekturen" zu skizzieren. Etwa jene, die Ursula Krinzinger anlegen ließ, um Erwin Wurm zu feiern. Der kommt im zu den Gängen hin locker offenen Wandverbund nicht nur zu einer Personale: Der Künstler mit dem flinken Fuß in vielen Museen der Welt war auch gebeten, seine Favoriten aus dem Programm der Galerie ins rechte Licht zu rücken. Ob der (spannende) Künstlerblick dem der prospektiven Käufer entgegenkommt, wird sich weisen.

Wie überhaupt die erst Sonntag zu beantwortende Frage nach den Umsätzen letztlich als einzige entscheidend für Aufbruch aus oder einen Rückfall in lieb gewonnene heimisch Gewohnheiten wie das zyklisch wiederkehrende Wehklagen über den eklatanten Sammlermangel sein wird.

Üppiger Rahmen

Zumindest hat man dafür gesorgt, sich bei eventuell auftretenden Misserfolgen rein gar nichts vorzuwerfen zu haben. So wurde etwa ein kapitales Rahmenprogramm designt, dessen Fülle man locker schon am zweiten Tag matt und wund erliegen kann. So wurden internationale Sammler nicht nur geladen, sie kamen auch. So ist zwischen Party, Galadiner und exklusivem Souper allabendlich mehrfach für den Rahmen gesorgt, das Gesehene, in Referaten verkündete Erfahrene und hoffentlich auch das Erstandene in jeweils entsprechender Atmosphäre zu diskutieren. So sorgen Skulpturen – "With us and around" – etwa von Siah Armajani, Marco Lulic oder Arbeiten des fast inflationär omnipräsenten Franz West für einen Hauch von Sculpture-Garden am Rand des hoffentlich noch lange Zeit nicht relaunchten Wurschtelpraters.

So werben Institutionen wie jenes für Contemporary Art in Sofia, die Warschauer Zacheta Galerie, die Wiener Großhäuser wie Kunsthalle, Museum Moderner Kunst oder Kunsthistorisches Museum von Infoständen aus für ihre Häuser. Und es stellt sich der Betonsalon aus dem Museumsquartier als neuer Startup-Raum für jüngste Kunst vor. Weiters buhlen 28 Verleger von Artforum International über frame und spike Art quarterly bis zum Society-Magazin um Abonnenten und Liebhaber von Editionen.

Gabriele Gantenbein, die künstlerische Leiterin der Messe, hat, gecoacht vom mit acht Wiener Galeristen so üppig wie betont regional besetzten Beirat, einen Markt organisiert, der sein unsäglich provinzielles Logo – "viennAfair" – weit hinter sich lässt. Und es ist gelungen, einen Schwerpunkt einzurichten, der der Messe, bei aller erreichten Verwechselbarkeit mit einem Stockwerk Basel oder einer Halle Köln, ein wenig, wie man heute sagt "uniqueness" verleiht. "Focused on CEE", der Untertitel der "International Art Fair", kündet von einer verstärkten Präsenz der südosteuropäischen Galerien.

Schwerpunktauflösung

Das ist ein Schwerpunkt, der sich im Wesentlichen in den Adresslisten bemerkbar macht. Die Qualität des Angebots der CEE-Galerien betreffend, sind Unterschiede nicht augenscheinlicher als solche unter den Arrivierten aus dem "Westen". Es ist gelungen, keine geschützte Werkstätte, keinen Streichelzoo für die vermeintlichen Exoten einzurichten. Diese sind vielmehr integraler Bestandteil des Marktes. Der Schwerpunkt sollte sich demnächst von selbst wieder auflösen.

Die Angebote der Galerien bewegen sich im erwartbaren Rahmen. Es sind durchwegs gemischte Präsentationen, das Risiko einer One-Man-Show wollte kaum ein Händler eingehen. Margund Lössls Galerie 422 fällt da mit ihrer auf Sean Scully und Hubert Scheibl reduzierten Malerei-Präsentation ebenso aus dem Rahmen wie Hofstätter, Wien, mit Material aus Adolf Frohners Aktionismustagen – neben Electric-Paintings von Otto Muehl. Lelong (Zürich, Paris, New York) gibt sich ebenso museal wie Thaddaeus Ropac (Salzburg, Paris).

Thoman Innsbruck zeigt einen souverän gestalteten Mix aus Clegg & Guttman, Walter Pichler und Arnulf Rainer mit jüngeren Positionen wie Christoph Hinterhuber oder Michael Kienzer. Nächst St. Stephan überzeugt mit einem medial breiten Spektrum von Bildern Herbert Brandls bis zu Jörg Sasses großartigen C-Prints. Mezzanin versammelt Positionen wie Peter Kogler, Kathrin Plavcak oder Christina Zurfluh.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.4.2005)


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