diepresse.com | ||
zurück | drucken | ||
| ||
04.01.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung | ||
Ausstellungen: Das gar nicht verlorene Bild | ||
VON ALMUTH SPIEGLER | ||
Ausstellungen 2006. Ein wie immer ungerechter Überblick über die alten und neuen Meister des Jahres. | ||
So schlimm, wie man befürchtet, wird es bekanntlich ja meist nie: Also ver mag auch das heurige Mozartjahr die bildende Kunst nicht aus Wien zu verdrängen. Bei weitem nicht! Selbst wenn die Albertina von 16. März bis 20. September mit der großen Schau "MOZART. Experiment Aufklärung" - sagen wir einmal - "blockiert" ist. Anschließend werden hier immerhin gleich 200 Spätwerke von Pablo Picasso aufgefahren, ausgewählt von Werner Spies, dem ehemaligen Direktor des Pariser Centre Pompidou. Auf den ewigen Publikumsmagneten Klassische Moderne setzt
dieses Jahr in alter Tradition auch wieder das BA-CA Kunstforum: Die für
Herbst angesagte Zeitgenossen-Personale von Malerfürst Markus Lüpertz wird
zwischen "Verrückte Liebe. Von Dalí bis Bacon" aus der Berliner Sammlung
Ulla und Heiner Pietzsch (8. März bis 18. Juni) und Meisterwerken
Marc Chagalls 1908-1922 (15. November bis 18. Februar 2007)
eingebettet. Einen späten Höhepunkt des Klassische- Moderne-Programms dieses Jahres beschert das Leopold Museum ab Ende September mit deutschem Expressionismus aus der Madrider Sammlung Thyssen Bornemisza, aus der Rudolf Leopold u. a. Werke von Kirchner, Heckel, Nolde und Feininger auswählen darf. Mit seiner Frau will der Museumsdirektor auf Lebenszeit im Sommer die Veränderung des Frauenbildes vom 12. bis ins 21. Jahrhundert zeigen. Dafür wurde bereits um Leihgaben u. a. aus der National Gallery in London und dem Van Gogh Museum Amsterdam angesucht. Ein großer, bislang oft unterschätzter Maler der
österreichischen Moderne bekommt im Leopold Museum ab 17. März seine
Chance, endgültig aus dem gefälligen Folklore-Eck herauszutreten: Alfons
Walde. Für die 100 Bilder umfassende Auswahl konnte Walde-Werkverzeichner
Gert Ammann gewonnen werden. Wohl kaum einer denkt im Zusammenhang mit dem
Tiroler "Schnee-Maler" jetzt an Egon Schiele - obwohl Letzterer sich von
seinem Freund zu dessen Leidwesen sogar etwas abgeschaut haben soll: den
Blick von oben. In "Die Tafelrunde - Egon Schiele und sein Kreis" wird
man ähnlichen Zusammenhängen von 14. Juni bis 24. September wohl im Oberen
Belvedere nachspüren können. Und auch die heutige Rezeption Schieles als
"Vorbild und Widersacher" bekommt endlich einmal Raum - ab
13. September im "Atelier Augarten". Was tut sich im letzten Amtsjahr
von Direktor Gerbert Frodl sonst noch in der Österreichischen Galerie? Man
beginnt am 4. Februar mit einem Ausblick in die Zukunft und zeigt im
Oberen Belvedere die Kunst, die nach Renovierung und Ausbau einmal im
"20er Haus" präsentiert werden soll. Mit "Bild/Abbild" wird dann im Herbst
am selben Ort auch zurückgeblickt: und zwar auf die Porträtkunst von
1750-1840. Mit Personalen ehrt die Österreichische Galerie 2006 Carl
Unger, Peter Pongratz und Roland Goeschl. Bevor jetzt aber die zeitgenössische Kunst mit ihrer
international beneideten vollen Wiener Angebotswucht hereinbricht, noch
ein Besuch bei der großen Alten Dame, dem Kunsthistorischen Museum: Von
10. Mai bis 1. Oktober entert die Sammlung Alter
Musikinstrumente den Sonderausstellungssaal mit einer Ausstellung über das
Wiener Hammerklavier zur Zeit von Wolfgang Amadeus Mozart. Die Meister des
KHM-Jahres aber heißen Giambologna (27. Juni bis 17. September),
der bedeutendste Bildhauer der europäischen Kunstgeschichte, und die
Venezianer "Bellini - Giorgione - Tizian" (17. Oktober bis 7. Jänner
2007). Aufgewartet wird mit bisher noch nie zusammen gezeigten Werken
u. a. aus dem Louvre, der National Gallery London und Washington
sowie dem Prado. Das Feld der Alten Kunst beherrscht das KHM dieses Jahr
praktisch allein: Bedingt durch die Absage der Caravaggio-Ausstellung,
geht es im "Liechtenstein Museum" eher ruhig zu: Voraussichtlich wird mit
"Unter dem Vesuv" erst wieder ab November eine größere Sonderausstellung
zu sehen sein. Ganz und gar nicht ruhig wird es 2006 im Bereich der
Zeitgenössischen Kunst: Mit der Sammlung der "Erste Bank" (17. März
bis 21. Mai), einer parallel laufenden Einzelschau von Plamen
Dejanoff und der großen Präsentation der Neuankäufe im Bereich Fotografie,
Video und Film (9. Juni bis 1. Oktober) schließt das Museum
moderner Kunst sein "Jahr des Sammelns" ab. Danach folgen zwei Personalen:
Gemeinsam mit der Albertina widmet sich Direktor Edelbert Köb dem
druckgrafischen Werk des Fotorealisten Franz Gertsch (20. Oktober-
7. Jänner 2007) - und richtet Österreichs internationalem
Senkrechtstarter Erwin Wurm von 20. Oktober bis 11. Februar 2007
eine so genannte "Mid-Career-Show" aus. Nebenan in der Kunsthalle Wien frönt man heuer dem
Thematischen, mit "Black, Brown and White" startet Direktor Matt hier ab
24. Februar mit Fotografie aus Südafrika. Mit 24. März bricht dann
auch hier Mozart ein: In einer Videokunst-Ausstellung u. a. mit
Tracey Moffat, Noritoshi Hirakawa und - wieder einmal - Erwin Wurm soll
der Don-Giovanni-Mythos hinterfragt werden. In guter Nachbarschaft dazu
kann sich ab 12. Mai in der anderen Halle also die Wanderschau
"Summer of Love" mit psychedelischer Kunst der 60er Jahre niederlassen.
Ein kurzer Schwenk noch zu den Wiener Künstlervereinigungen: Die Secession hat u. a. die Österreicher Oswald Oberhuber (26. Jänner bis 19. Februar), Stefan Sandner (5. Mai bis 25. Juni) sowie später die documenta-Stammgäste Isa Genzken und Stan Douglas zu Gast. Das Künstlerhaus gibt sich von 11. Mai bis 2. Juli mit "Abbild - Das verlorene Bild" dem Ikonoklasmus hin, bestens betreut vom Maler Hanns Kunitzberger und Bildwissenschafts-Guru Hans Belting. In den privaten Institutionen sei noch die von Harun Farocki und Antje Ehmann erdachte Schau "Kino wie noch nie" (20. Jänner bis 24 April), Lawrence Weiner ab März in der Bawag Foundation und Xenia Hausner im Kunsthaus (15. Februar bis 14. Mai) herausgehoben. Doch genug jetzt vom Wasserkopf Wien und zu einigen Highlights aus den anderen Bundesländern: Die Sammlung Essl in Klosterneuburg will mit Hilfe von Kurator Wieland Schmied ab 17. Februar nichts weniger als ein Jahrhundert Entwicklungsgeschichte der österreichischen Kunst nachzeichnen. Und von 31. Mai bis 3. September wird man sich in Österreich erstmals selbst ein Bild von der so gefeierten Neuen Leipziger Schule machen können. Maria Lassnig wird heuer in den Bundesländern gleich
zweimal mit Ausstellungen bedacht: im Klagenfurter Modernemuseum
(16. Februar bis 28. Mai) und im Kunsthaus Graz (ab 4. Februar)
gemeinsam mit der kalifornischen Bildhauerin Liz Larner. Das Salzburger
Museum der Moderne zeigt ab 21. Jänner neue Videos der
iranisch-amerikanischen Künstlerin Shirin Neshat, im Sommer den zweiten
Teil des Großen Spektakels sowie den südafrikanischen Zeichen-Magier
William Kentridge. Und in der Kunsthalle Krems wird vor der "Ungarischen
Seele" ab 13. August noch der Triumph der Schönheit in der
Salonmalerei des 19. Jahrhunderts gefeiert (5. März bis 4. Juli).
|
||
© diepresse.com | Wien | ||