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"Art Cologne": Brandl statt Ballermann

19.09.2007 | 18:40 | ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

„Art Cologne“ eröffnet Dependance auf Mallorca. Was fehlt: ein eigenes Profil.

Unter Flughafenkunst, im Globalsprech Airport-Art genannt, verstand man bisher eher Despektierliches: Ethno-Kitsch-Souvenirs, mit denen sich der Urlaubsabreisende schlechten Gewissens schnell noch mit dem eindeckt, was er von seiner Traumdestination meist nicht gesehen zu haben glaubt, die jeweilige Landeskultur, en miniature für den heimischen Setzkasten. Die älteste Messe für moderne Kunst, die vor 40 Jahren gegründete „Art Cologne“, hat diesem verpönten Begriff aber jetzt recht überraschend eine neue Facette abgewonnen: Am Dienstag eröffnete die durch extreme Konkurrenz zuletzt etwas in die Krise getrudelte Kunstmarkt-Lady erstmals ihre Winterdependance im milden Palma de Mallorca – allerdings nicht am Strand, nicht zentral in der Altstadt oder im charmant in die alte Festungsanlage eingebauten Moderne-Museum. Nein, am schnöden Flughafen.

„Terminal A“ lautet dann auch die nur äußerst euphemistisch als wenig glamourös zu bezeichnende Adresse der ersten „Art Cologne Palma de Mallorca“, die das sogenannte 17. Bundesland Deutschlands gleich zu Beginn der prestigeträchtigeren Golfsaison international weg vom ekligen Ballermann-Image, hin zum kulturellen Nobelferienort bringen soll.

Inwieweit gerade eine Kunstmesse am Flughafen dazu beitragen soll, ließen die Landes- und Stadtpolitiker in ihren Dankesreden tunlichst außen vor. Dass sich auf einer Urlaubsinsel eine Kunstmesse jedenfalls auf fremdem Terrain bewegt, war zur Eröffnung nicht zu übersehen: Von dem bei Kunstmessen sonst gestürmten Preview am Mittwoch ließen sich sichtlich wenige in der Siesta stören. Zur späteren Vernissage kamen die einheimischen und eingeflogenen Kunstsammler betont leger. Und versuchten, sich möglichst nicht in die hässlichsten Kantinen, die eine Kunstmesse je gesehen hat, zu verirren. Fensterlos!


Klassisch modern bis zeitgeistig

Dafür hat zumindest eine der beiden Messe-Hallen schönes Oberlicht. Und auch in der Größe ist diese Premiere mit 55 Galerien, die von Klassischer Moderne wie Kirchner und Nolde bis zu zeitgenössischer Zeitgeistkunst aus Seoul alles bietet, angenehm menschlich ausgefallen – obwohl sich doppelt so viele beworben haben sollen, wie die Innsbrucker Galeristin Elisabeth Thoman berichtet, die im Auswahlkomitee sitzt. Ein monumentales abstraktes Gemälde von Herbert Brandl – mit seinen zweieinhalb mal fünf Metern eines der größten Werke der Messe und garantiert in keine Finca passend – dominiert ihren Stand. Es kostet immer noch relativ günstige 82.600 €, obwohl die Preise für Großformate des österreichischen Biennale-Venedig-Vertreters im vergangenen Jahr um 15 bis 20 Prozent gestiegen sind, so Klaus Thoman.

Vergleichsweise viele österreichische Galerien haben sich auf das Wagnis der ersten Art Cologne Palma eingelassen, alle kennen sie Sammler, die hier Feriendomizile haben: Bei den hispanophilen Mauroners wechselte gleich zu Beginn ein Großformat des 2005 gestorbenen katalanischen Maler-Matadors Joan Hernández Pijun für einen sechsstelligen Betrag zu einem Spanier. Heike Curtze folgte ihrem bei der „Arco“ Madrid gefühlten spanischen Interesse für Nitsch. Fotogalerist Johannes Faber baut auf das seiner Meinung nach hier angesiedelte Großbürgertum, für das er u.a. das in der „Vogue“ 1951 veröffentlichte Debütantinnenfoto einer gewissen Jacqueline Bouvier, später bekannt als Jackie Kennedy, mit hat (4500 €). Und Karin Handlbauer von „Mezzanin“ fühlte sich mit ihrem weniger gefälligen Programm (Katrin Plavcak) etwas deplaziert.

Denn die Mischung der Messe, die von einem Totentanz-Gemälde Kirchners um 2,6 Mio. € bis zu Zeichnungen jüngster Künstler um gut 1000 Euro reicht, geht eher in die kommerzielle Richtung Fine Arts. Schwerer verkäufliche Videos etwa sind rarer. Aber erst einmal muss es abwarten heißen. Laut Veranstaltern hat Art-Cologne-Chef Gerard Goudrow vier Jahre Zeit, um für Palma ein eigenes, erfolgreiches Profil zu entwickeln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2007)


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