Ein Kunstraum in Schwarz
Ausstellung. Wie schwarze, auf die Wand geklebte Papierstreifen zu Raum werden, zeigt die Bildhauerin Susanne Tunn im Kunstraum Pro Arte in Hallein.
Gudrun Weinzierl Hallein (SN). In Salzburg ist Susanne Tunn seit 1992 fast jeden Sommer: Im Marmorsteinbruch am Untersberg vermittelt sie als Kursleiterin, früher auch schon als Assistentin der Steinbildhauerklasse der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst ihren Studierenden Wege, sich der Steinbildhauerei zu nähern.
In ihrem eigenen künstlerischen Schaffen steht die Idee im Mittelpunkt, eine Form oder einen Raum beharrlich aus einem Material heraus- oder in etwas hineinzuarbeiten. Meist sind es Steine, manchmal die Wand, oft auch ein Blatt Papier, mit dem die Künstlerin realen oder virtuell wahrnehmbaren Raum kreiert.
In Tunns aktueller Ausstellung „Desto“ im Halleiner Kunstraum Pro Arte täuschen schwarze, völlig plane Papierflächen und -streifen dem Auge des Betrachters Dreidimensionalität vor und lassen einen Raum innerhalb des Ausstellungsraums entstehen. Auch in ebenfalls gezeigten, kleinformatigen Steinskulpturen geht es der deutschen Künstlerin um die Erkundung oder das Bilden eines steinernen Innenlebens. „Tubes and hearts“ heißen die durchlöcherten, runden, röhren- und knieförmigen Steine mit ihren eingearbeiteten Tiefen. Löcher, Gänge, Kreuzungen können darin enthalten sein, die für den Betrachter aber geheimnisvoll fast unsichtbar bleiben: Das Auge kann nur das entstandene Schwarz erkennen, den Hohlraum selbst aber nicht fixieren.
Langsam, vorsichtig und respektvoll sind Tunns Annäherungen an ihr Material stets. „Die Bildhauerei ist für mich ein ,Freilegen der Skulptur‘. Im Stein eingeschlossen ist bereits die fertige Form, die durch möglichst geringe, behutsame Materialwegnahme erfolgt“ sagt Tunn. Auch das aus der Arbeit am Stein entstehende Abfallprodukt, der feine Schleifstaub, ist Teil des „Kosmos Stein“. Der Staub setzt die Grenze zwischen der Masse und harten Materie des Steins und seiner Auflösung ins Nichts. Wenn Tunn ihre Steinobjekte, aber auch Knochen, mit Steinstaub übersiebt, wird die laute, anstrengende und permanent harte Arbeit der Steinbildhauerei zur poetischen Stille: „Stein“ wurde weich, vergänglich und durch Berührung zerstörbar gemacht.Die Ausstellung ist bis 29. 8. im Kunstraum Pro Arte zu sehen, die Arbeiten des Steinbildhauersymposions der Sommerakademie im Marmorbruch Kiefer in Fürstenbrunn werden am 28. 8. präsentiert.