Motive, Kunst zu sammeln,
gibt es viele. Da kann durchaus ein Investmentgedanke mitspielen. Oder
es mag – zumal in Zeiten wie diesen – der Wunsch bestehen, bleibende
Werte zu schaffen. Da kann sogar ein Wettbewerbsgedanke ins Spiel
kommen. Vielleicht geht es um eine Mission, oder gar um einen
öffentlichen Auftrag – etwa darum, auf Grundlage einer Sammlung ein
Museum zu eröffnen. Was die Sammler von Kunst jedenfalls alle
verbindet, ist ihre Leidenschaft für die Kunst, für die Lust und
Freude, mit schönen Dingen zu leben – umso mehr, wenn sie sich aus
einem privaten, nicht öffentlichen Interesse heraus mit Kunst umgeben.
In
einem nächsten Schritt, meist mit zunehmender Größe der Sammlung,
kommen dann Überlegungen zur Systematik zum Tragen – sei diese nun auf
die persönlichen Bedürfnisse oder auf inhaltliche Schwerpunkte und
Konzepte abgestimmt. Der starke Drang, Kunst, mithin also Dinge, haben
zu wollen, besitzen zu wollen, ist jedenfalls eine wichtige
Voraussetzung für das Entstehen von Sammlungen. Das ist jenes Quäntchen
Materialismus, das den Motor des Kunstbetriebs darstellt. Da sind dann
Vermittler gefragt, da wird der Kunstmarkt nicht nur zum Schauplatz,
sondern auch zum Umschlagplatz. Die Funktion einer Drehscheibe hat in
diesem System die Kunstmesse – nicht zuletzt auch die Viennafair, die sich noch bis 9. Mai vermittelnd dreht.
Sammeln ist kein Hobby - Roman und Margot Fuch
1350 Quadratmeter Wohnfläche, 4000 Quadratmeter Garten und wo immer
man den Blick in der von Roman und Margot Fuchs mit ihren sechs Kindern
bewohnten Villa auch hinwendet, Schwimmhalle, Toilette,
Kindermädchenzimmer nicht ausgenommen: Überall stehen, hängen, liegen
Kunstwerke, nicht nur Bilder und Skulpturen österreichischer und
internationaler, jüngerer und arrivierter Künstler – von Fabian Seiz
bis Erwin Wurm, von Lisa Ruyter bis Alex Katz –, sondern auch Asiatika,
Design, Stammeskunst.
Dazwischen tauchen außerdem noch Kuriosa
wie historische Flipperautomaten, Masken, Glasobjekte auf. „Ich war
schon von Kind an der Sammler par excellence“, sagt der
Gartenarchitekt, der 1990 mit dem Aufbau seiner Sammlung
zeitgenössischer Kunst begonnen hat. „Es war ein Glück, dass meine Frau
Feuer fing. Wir sind ein Team – ich der Verrückte, sie die
Vernünftige.“ Was das Sammeln für sie bedeutet? „Wir haben die Kunst
nicht, um sie zu besitzen, sondern um sie zu genießen. Wir leben völlig
mit ihr, sie ist eine Bereicherung und Erweiterung unseres Horizonts.
Die Sammelleidenschaft steht neben Beruf und Familie. Das als Hobby zu
bezeichnen wäre untertrieben.“
Sammeln ist Zufall - Michael Kozeluha
Dass Michael Kozeluha zum Kunstsammler wurde, verdankt sich purem
Zufall. Zwar hatte der gelernte Tischler durch seine Arbeit bei einem
Kunsttransportunternehmen immer schon viel mit Künstlern zu tun. Seine
ursprüngliche Leidenschaft galt aber der elektronischen Musik, die ihn
in seiner Freizeit seit Jahren als „DJ Okim“ unterwegs sein lässt. Zur
Kunst kam er 1999, als er im Studio Orange eines Abends mit Gerwald
Rockenschaub am Turntable saß und ihn dieser zu seiner Ausstellung in
die Galerie
Georg Kargl einlud. „Meine Frau Anita und ich gingen
hin, weil wir neugierig waren zu sehen, was der DJ-Kollege außerdem
machte. Ein Kunstkauf war nicht vorrangig“, sagt er. Jetzt hängt das
poppige Folienbild, das die Kozehulas spontan bei der Ausstellung
erwarben und das mittlerweile auch bei der documenta 12 gezeigt wurde,
im Eingangsbereich ihrer Wohnung.
Schlag auf Schlag folgten
weitere Arbeiten von Muntean Rosenblum, Deutschbauer/Spring, Elke
Krystufek, Kamen Stoyanov, Christian Eisenberger sowie auch von vielen
Kunststudenten, etwa Domenico Mühle (Bild) oder Peter Fritzenwallner.
Auch wenn die Kozehulas fast immer kleine Formate kaufen, ist in der
Wohnung mittlerweile kaum ein Fleckchen Wand mehr frei. „Mit der Kunst
zu leben ist ein ganz wichtiger Teil unseres Daseins geworden“, sagt
Michael Kozehula. „Darüber sind so viele nette Gespräche und Kontakte
entstanden. Das ist auch möglich, wenn man im Kleinen sammelt.“
Sammeln ist besser als Golf - Bernhard und Elisabeth Hainz
Dass das Sammlerpaar Elisabeth und Bernhard Hainz privat mit
Kunstwerken aus dem 19. Jahrhundert und der Klassischen Moderne lebt,
der zeitgenössische Teil und die Werke des 20. Jahrhunderts sich
hingegen in den großzügigen Räumlichkeiten von Bernhard Hainz’
Anwaltskanzlei befinden, ist eine Tatsache, die mit dem Anwachsen der
mittlerweile rund 800 Exponate umfassenden Kunstsammlung zu tun hat.
Die Weichen für diese Zweiteilung hat Bernhard Hainz bereits mit seinem
ersten Ankauf im Jahr 1994 gestellt. „Als ich mich als Anwalt
niedergelassen habe, wollten wir zwei Bilder kaufen: einen Klassiker
und einen Zeitgenossen.“ Die Wahl fiel damals auf einen Rudolf von Alt
und einen Mirò. Heute sind beide Stränge um schillernde Namen
angewachsen: Böckl, Egger-Lienz, Kollwitz auf der einen Seite. Lassnig,
die Aktionisten, Grabmayer, Anzinger, Eisler, Wurm, dazu Jüngere wie
Trinkaus, Vukoje, Krystufek und Internationale wie Trockel, Locher auf
der anderen Seite.
Auf Trends achtet das Sammlerpaar dabei
kaum. „Wir sammeln nicht mit den Ohren, sondern mit den Augen. Und wir
haben lange gegen den Strom figurativ gesammelt und sind immer für
Pluralismus eingetreten“, sagt Bernhard Hainz. Bei der Auswahl der
Kunstwerke sind Elisabeth und Bernhard Hainz zu 95 Prozent d’accord.
„Das Sammeln ist für uns ein geistiger Ausgleich zur trockenen
Juristerei. Wir machen das auch sehr gern gemeinsam. Statt Golf zu
spielen, gehen wir lieber in Galerien.“
Sammeln ist Scheitern - Michael Klaar
„Zu den wichtigsten Momenten beim Sammeln gehören für mich die
permanente Annäherung und Exegese der Werke und die gleichzeitige
Erkenntnis, dass Ergründlichkeit nicht möglich ist“, sagt der Wiener
Dirigent Michael Klaar. „Dieses Scheitern und unaufhörliche Entgleiten
von Antworten machen das Sammeln für mich so spannend.“ Seit bald 25
Jahren setzt Klaar sich diesem Scheitern aus. 1986 war es, dass er
während eines Besuchs bei Verwandten in Basel sein gesamtes Taschengeld
zusammenkratzte, damit in der berühmten Galerie Beyeler eine Gouache
von Antoni Tàpies anzahlte und so den Grundstein für seine mittlerweile
300 Werke des Minimalismus, der Konzeptkunst und neuen Malerei
umfassende Kollektion legte.
Als Vorbilder dienten dem damals
13-Jährigen die Namen der Donatoren, die im Basler Kunstmuseum stets
auch auf den Schildern neben den Werken standen – Spiegel einer
Sammlerkultur, die er schon damals selbst leben wollte. Seitdem ist die
Kunst für ihn zu einem untrennbaren und bestimmenden Bestandteil seines
Lebens geworden. „Nahezu mein ganzes Geld ist in die Kunst geflossen.
Schon als Kind habe ich Klavier gespielt, um das zu finanzieren“,
erzählt er. Damit kaufte er Arbeiten von Judd, LeWitt, Artschwager,
McCarthy, Boetti ebenso wie von den wichtigen Vertretern der neuen
österreichischen Malerei – von Obholzer über Brandl, Scheibl, Bohatsch
bis hin zu Plavcak – oder ganz junge postkonzeptuelle Positionen wie
etwa von Jonathan Monk (im Bild) oder Aliana Eagen.
Sammeln ist Lebensstil - Myung Il Song
Neben ihrem Schreibtisch hängen Objekte, Bilder und Fotoarbeiten
verschiedenster Künstler, von Alighiero e Boetti, Erwin Wurm, Muntean
Rosenblum bis zu Anneliese Oberdanner, Andrea Witzmann, gelitin. Ein
paar Schritte weiter spannt sich zwischen Boden und Decke ein wollene
Installation von Marina Faust, einen Raum weiter stehen ein Objekt von
Dominique Gonzalez-Foerster, ein Tisch von Franz Graf.
Trotz
dieser Fülle von Kunstwerken sieht sich Myung Il Song nicht als
typische Sammlerin. „Ich habe es nicht geplant zu sammeln. Ich kaufe
Dinge, die mir gefallen und in denen ich etwas Besonderes sehe, weil
ich sie für schön halte. Das kann ein Kleid ebenso sein wie ein
Kunstwerk, ein Möbel oder auch eine Briefmarke.“ Diese
Lebensphilosophie versucht die seit 1984 in Wien lebende gebürtige
Südkoreanerin mit dem „Song“, einem Designtempel samt integriertem
Ausstellungsraum an der Praterstraße, das sie als „mein verlängertes
Wohnzimmer“ bezeichnet, umzusetzen und zu kommunizieren, mithin auch zu
teilen. Die Kunst ist ein untrennbarer Bestandteil davon. Nicht mehr
und nicht weniger.