Die Galerie im Taxispalais in Innsbruck
zeigt derzeit bis zum 13. Februar drei wichtige und ganz unterschiedliche
Positionen in der österreichischen Fotografie. Zu sehen sind Porträts und
Landschaftsbilder von Cora Pongracz, Robert Fleischanderl, Norbert Brunner
und Michael Schuster. Die gemeinsame Klammer aller drei Positionen dieser
vier Künstler ist, dass es zum einen konzeptionelle Arbeiten sind, und zum
anderen alle einen historischen "österreichischen" Bezug haben.
Dialekt und Fotografie
Das monotone Geleier von Vaterunser-Gebeten im Südtiroler Dialekt ist
Teil des Gemeinschaftsprojektes von Norbert Brunner und Michael Schuster,
einer zweiteiligen Fotodokumentation, die 1979 als Dialektstudie begann.
Die beiden haben 24 Orte in Süd- und Nordtirol nach einem gleichbleibenden
Konzept untersucht. Zum einen sollten die Unterschiede im Orts- und
Landschaftsbild festgestellt werden, zum anderen jene in der Sprache. 20
Jahre später wurde diese Arbeit wiederholt.
Nicht nur Fakten
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©Bild: Norbert Brunner und Michael
Schuster |
Dieselben Orte, dieselben
Gebete wurden festgehalten, allerdings mit modernster Aufnahmetechnik. In
der Ausstellung sind diese Momentaufnahmen mit 20 Jahren Differenz
einander gegenübergestellt. Verblüffendes Ergebnis: Es hat sich, sowohl
sprachlich als auch landwirtschaftlich, kaum etwas geändert. Was sich wie
eine nüchterne Anhäufung von Fakten anhört, bekommt durch die Kombination
von Sprache, also Gebet, und Lebensraum eine sinnliche, erlebbare
Komponente auch für den Betrachter aus der Großstadt.
Vierzehn Menschen
Mit Geschichte beschäftigt sich auch der Tiroler Robert Fleischanderl.
Er nennt seine Arbeit schlicht "fourteen people", vierzehn Leute. In einem
quadratischen Raum wird eine Wand nur von 14 Namen beherrscht. Die Wand
daneben zeigt die Porträts der dazugehörigen Menschen, die nächste deren
Lebensdaten und die letzte einen Ausschnitt aus den Wohnungen der
Abgebildeten.
Vierzehn Schicksale
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©Bild: Robert
Fleischanderl |
Dem Betrachter enthüllt
sich so das Schicksal von 14 jüdischen österreichischen Flüchtlingen, die
Briten wurden. Und es enthüllt sich noch mehr. Zum Beispiel die Frage nach
der Privatsphäre, danach wie weit ein Fremder in das Leben eines anderen
eindringen darf, wieviel Distanz überwinden, wieviel an Persönlichem
freilegen.
Arbeiten von Cora Pongracz aus den 70ern
Cora Pongracz geht in ihren Fotoarbeiten sehr vielschichtig vor. Von
ihr sind Porträts und Fotogeschichten aus den 70er Jahren zu sehen. Cora
Pongracz hat in München an der Hochschule Fotografie studiert und lebt
seit den 70er Jahren in Wien, wo sie sehr bald in engen Kontakt mit der
Kulturszene kam.
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©Bild: Cora
Pongracz |
Die 1943 Geborene zählt ohne Zweifel zu den wichtigsten Fotografinnen
Österreichs ihrer Generation. Cora Pongracz setzt sich vor allem mit der
Darstellung des Menschen auseinander und zeigt ihn in seinem ganz
persönlichen Umfeld. Sehr persönlich sind auch ihre "erweiterten
Porträts". Die porträtierte Person wird dabei nicht auf ein Foto
beschränkt, sondern darf sich sechs Motive auswählen, die von Cora
Pongracz fotografiert werden und gemeinsam mit einem Porträt-Foto ein
Gesamtbild der Person ergeben.
Heute lebt die Künstlerin krankheitsbedingt sehr zurückgezogen in einem
Altersheim. Das Fotografieren will sie aber immer noch nicht lassen. Die
Galerie im Taxispalais wird im Herbst 2000 einen Katalog für Cora Pongracz
herausbringen. Eine Initiative, die die wichtige Arbeit dieser zu Unrecht
kaum beachteten Künstlerin mehr an die Öffentlichkeit bringen
soll.