Konzeptkunst mit Österreich-Bezug

Von Patrizia Jilg


Die Galerie im Taxispalais in Innsbruck zeigt derzeit bis zum 13. Februar drei wichtige und ganz unterschiedliche Positionen in der österreichischen Fotografie. Zu sehen sind Porträts und Landschaftsbilder von Cora Pongracz, Robert Fleischanderl, Norbert Brunner und Michael Schuster. Die gemeinsame Klammer aller drei Positionen dieser vier Künstler ist, dass es zum einen konzeptionelle Arbeiten sind, und zum anderen alle einen historischen "österreichischen" Bezug haben.

Dialekt und Fotografie

Das monotone Geleier von Vaterunser-Gebeten im Südtiroler Dialekt ist Teil des Gemeinschaftsprojektes von Norbert Brunner und Michael Schuster, einer zweiteiligen Fotodokumentation, die 1979 als Dialektstudie begann. Die beiden haben 24 Orte in Süd- und Nordtirol nach einem gleichbleibenden Konzept untersucht. Zum einen sollten die Unterschiede im Orts- und Landschaftsbild festgestellt werden, zum anderen jene in der Sprache. 20 Jahre später wurde diese Arbeit wiederholt.

Nicht nur Fakten

©Bild: Norbert Brunner und Michael Schuster
©Bild: Norbert Brunner und Michael Schuster
Dieselben Orte, dieselben Gebete wurden festgehalten, allerdings mit modernster Aufnahmetechnik. In der Ausstellung sind diese Momentaufnahmen mit 20 Jahren Differenz einander gegenübergestellt. Verblüffendes Ergebnis: Es hat sich, sowohl sprachlich als auch landwirtschaftlich, kaum etwas geändert. Was sich wie eine nüchterne Anhäufung von Fakten anhört, bekommt durch die Kombination von Sprache, also Gebet, und Lebensraum eine sinnliche, erlebbare Komponente auch für den Betrachter aus der Großstadt.

Vierzehn Menschen

Mit Geschichte beschäftigt sich auch der Tiroler Robert Fleischanderl. Er nennt seine Arbeit schlicht "fourteen people", vierzehn Leute. In einem quadratischen Raum wird eine Wand nur von 14 Namen beherrscht. Die Wand daneben zeigt die Porträts der dazugehörigen Menschen, die nächste deren Lebensdaten und die letzte einen Ausschnitt aus den Wohnungen der Abgebildeten.

Vierzehn Schicksale

©Bild: Robert Fleischanderl
©Bild: Robert Fleischanderl
Dem Betrachter enthüllt sich so das Schicksal von 14 jüdischen österreichischen Flüchtlingen, die Briten wurden. Und es enthüllt sich noch mehr. Zum Beispiel die Frage nach der Privatsphäre, danach wie weit ein Fremder in das Leben eines anderen eindringen darf, wieviel Distanz überwinden, wieviel an Persönlichem freilegen.

Arbeiten von Cora Pongracz aus den 70ern

Cora Pongracz geht in ihren Fotoarbeiten sehr vielschichtig vor. Von ihr sind Porträts und Fotogeschichten aus den 70er Jahren zu sehen. Cora Pongracz hat in München an der Hochschule Fotografie studiert und lebt seit den 70er Jahren in Wien, wo sie sehr bald in engen Kontakt mit der Kulturszene kam.

©Bild: Cora Pongracz
©Bild: Cora Pongracz

Die 1943 Geborene zählt ohne Zweifel zu den wichtigsten Fotografinnen Österreichs ihrer Generation. Cora Pongracz setzt sich vor allem mit der Darstellung des Menschen auseinander und zeigt ihn in seinem ganz persönlichen Umfeld. Sehr persönlich sind auch ihre "erweiterten Porträts". Die porträtierte Person wird dabei nicht auf ein Foto beschränkt, sondern darf sich sechs Motive auswählen, die von Cora Pongracz fotografiert werden und gemeinsam mit einem Porträt-Foto ein Gesamtbild der Person ergeben.

Heute lebt die Künstlerin krankheitsbedingt sehr zurückgezogen in einem Altersheim. Das Fotografieren will sie aber immer noch nicht lassen. Die Galerie im Taxispalais wird im Herbst 2000 einen Katalog für Cora Pongracz herausbringen. Eine Initiative, die die wichtige Arbeit dieser zu Unrecht kaum beachteten Künstlerin mehr an die Öffentlichkeit bringen soll.

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