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24.04.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Einstiegsdrogen: Welches Video, Schatz? Krystufek!
VON ALMUTH SPIEGLER
Foto- und Video-Editionen garantieren zumindest eins: gute Preise.

Gerade erst eröffnet, wirkt die lichte zweigeschoßige Neo-Galerie nur wenige Meter neben dem Hinter eingang des Museumsquartiers zwar noch etwas provisorisch: Großformatige Fotoarbeiten lehnen an der Wand, zum Teil noch verpackt, die Homepage soll erst diese Woche fertig werden. Was allerdings durchaus den bewusst unprätentiösen Stil der drei jungen Betreiber von "Momentum" illustriert. Die Fotografin Valerie Loudon, der Betriebswirt Moritz Stipcicz und Anthony Hauninger, zuletzt Kundenberater bei der Werbeagentur Ogilvy & Mather, wollen mit diesem ersten, rein auf Fotoeditionen spezialisierten Geschäft in Wien vor allem junge Sammler mit geringen Budgets ansprechen.

Dementsprechend rangieren die Preise zwischen 200 und ein paar tausend Euro, ermöglicht durch die hohen Auflagen (bis zu 100 Stück). Das besondere "Momentum"-Goodie ist im Vergleich zu anderen heimischen Foto-Edition-Anbietern aber die fertige Rahmung bzw. Kaschierung der handsignierten Prints - gleich mitnehmen und aufhängen, lautet das Motto.

Bisher führt man hier allerdings nur rund 80 "fremde" Editionen - darunter solche von Margherita Spiluttini, Franz Hubmann, Elke Krystufek oder Brian McKee -, eingekauft von Partnern wie dem deutschen Editions-Großverleger "Lumas" oder dem österreichischen "Eikon". Zum Ziel hat sich das engagierte Gründer-Trio aber die Eigenproduktion gesetzt - wobei man sich nicht nur auf bildende Künstler spezialisieren, sondern auch Anlaufstelle für Presse-, Mode- und Porträtfotografen sein will. Die erste "Momentum"-Edition soll übrigens von der jungen Angewandte-Absolventin Nina Rike Springer stammen.

Wie dieses Angebot in Wien langfristig angenommen wird, bleibt allerdings abzuwarten. Scheint Österreich im Gebiet der künstlerischen Fotografie doch ein hoffnungsloses "Entwicklungsland" zu sein. Trotz jahrzehntelanger Informationsarbeit renommierter Institutionen wie "Camera Austria", "Eikon" oder Österreichs einzigem Händler für Fotografie, Johannes Faber.

Letzterer blickt recht abgeklärt auf seine neue Billig-Konkurrenz. Es fehle, sagt Faber, in Österreich eben leider einfach am Vorwissen. Insgesamt gebe es gerade einmal 20, 25 ernsthafte Fotografie-Sammler, schätzt er. Von einer 500er-Sugimoto-Edition, die er bei der "Viennafair"-Kunstmesse pro Abzug um 600 Euro angeboten hat, konnte er etwa kein Stück verkaufen.

Kein Vergleich also zum deutschen Markt, der seit 2004 von "Lumas" im großen Stil mit günstigen Foto-Editionen - das große Vorbild für das Wiener "Momentum"-Team - überschwemmt wird. In fünf deutschen Großstädten wie Berlin, München, Stuttgart eröffneten die beiden Gründer Stefanie Harig und Marc Alexander Ullrich, Verkaufslokale für ihr zwischen 200 und 400 Euro kostendes Programm. Zudem liegt die in einer Auflage von 500.000 Stück gedruckte "Lumas"-Magazin-Broschüre den wichtigsten Kunstzeitschriften bei.

Kein Wunder, dass bei einem derartigen Aufwand auch der Umsatz rasant steigt: Waren es laut "Lumas"-Sprecherin Julia Heinemann 2005 noch 2,5 Millionen Euro, werden heuer 5,6 Millionen Euro Umsatz erwartet. Pro Monat, so Heinemann, verkaufe man in den Filialen und übers Internet 1600 Prints. Expandiert werden soll demnächst nach Paris und New York. Eine Wiener Filiale - es wundert einen wenig - sei in naher Zukunft aber nicht geplant.

Was es auf breiter Basis erst seit einigen Jahren für Foto-Editionen gibt, existiert für Videokunst allerdings schon seit 1994: Aus einem weniger kommerziellen als idealistischen Ansatz heraus entwickelten in Paris Stephanie Moisdon und Nicolas Trembley das "Bureau de Vidéos": "Wir waren jung, wollten mit dem Kunstmarkt spielen und etwas Demokratisches machen", erzählte Moisdon, als sie ihr Konzept im Rahmen der "Viennafair" vor kurzem in Wien vorstellte. In unbegrenzter Auflage produziert und verlegt das "bdv" Künstlervideos als VHS/
DVD-Editionen und vertreibt sie dann über Buchhandel und Internet. Die Künstler erhalten 50 Prozent des Preises, der je nach Länge, im Normalfall aber lächerliche 37 Euro beträgt. Wobei sich Bestseller wie John Baldessari oder Sylvie Fleury schon einmal an die 1000mal verkaufen, so Moisdon.

Derart kann man seiner Video-Sammlung Arbeiten von Stars wie Fischli/Weiss, Pipilotti Rist, Gilbert & George, Thomas Hirschhorn oder Elke Krystufek, deren limitierte Videos sonst locker mehrere tausend Euro kosten, doch relativ unbeschwert einverleiben. Teurer (1500 €) wird es nur, wenn die Videos öffentlich vorgeführt werden sollen - "aber wir kontrollieren das nicht", sagt Moisdon. So passierte es schon einmal, dass zwei Kuratoren eine ganze Ausstellung allein mit "bdv"-Filmen bestückten. Moisdons subversive Reaktion: "Ich war stolz."

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