Salzburger Nachrichten am 21. Jänner 2003 - Bereich: kultur
Denkanstöße von den Künstlern

Der zweite Teil der Jahresausstellung im Salzburger Kunstverein

Gratis kann man im Künstlerhaus einen Voucher für eine Tasse Pfefferminztee im Orienthouse in Ostjerusalem bekommen. Entworfen und produziert hat ihn die in Salzburg lebende Künstlerin Nabila Irshaid, deren Wurzeln im Nahen Osten liegen. Der Haken: das Orienthouse steht nicht mehr, und der Gutschein wird nur gültig, wenn es einst wieder aufgebaut werden sollte. Die Aussichten dafür sind gegenwärtig äußerst schlecht. Genau darauf will Nabila Irshaid die Aufmerksamkeit lenken.

Der Voucher ist einer ihrer Beiträge für den zweiten Teil der Jahresausstellung im Künstlerhaus. Ihr zweiter Beitrag besteht aus einem Selbstinterview, das auf Video festgehalten ist. Mundbewegungen und das Gesagte laufen asynchron. Auch in diesem Fall geht es um Denkanstöße.

Alle zwölf Künstler, die diesmal an der Reihe sind, stellen komplexe, in der Regel gut erschließbare Arbeiten zur Diskussion. Bei der Eröffnung ließ sich Manuela Mitterhuber von einer Kosmetikerin nach dem Motto, wonach nicht nur die Kunst, sondern auch die Künstler schön sein sollten, mittels anklebbarer Fingernägel verschönern. Die Körperlichkeit, die Einschätzung und Stilisierung des Körpers ist das Hauptthema der Schau.

Matthias Bade setzt sich selbst in Szene, gemalt und fotografiert, indem er unter anderem die Posen von Männern in Lifestyle-Magazinen ironisiert. Auch bei Bertram Hasenauer gibt es einen ironischen Zug. Er malt akribisch Porträts und interessiert sich für die Attitüde, die der Dargestellte zu diesem Zweck annimmt. Lukas Horvath fotografierte Menschen, und in einer weiteren Serie konfrontierte er die Abgebildeten mit der Fotografie. Chiara Minchio geht es in Fotografie und Malerei um das Thema "Frau in der Gesellschaft".

Unterschiedliche Ansätze in vielen Kunst-Medien

Eine im Raum stehende Schneiderpuppe trägt einen Zweiteiler aus grün kariertem Stoff: Constanze Schweiger stellt hier die Kleidung aus, in der sie verschiedenen Menschen jeweils im Freien die Haare schneidet. Das ist wohl, wie die Fotos von dem Vorgang vermuten lassen, ein ritueller Vorgang.

Der Rundgang bietet noch eine Reihe anderer Ansätze. So steht etwa auf dem Boden ein Kartongehäuse, in dessen Innerem ein Video zu sehen ist, das die Umrisse einer Künstlerhand zeigt, die in einem fort dieselbe Bewegung ausführt. Auf die Außenwand werden Dias projiziert, die den vergeblichen Versuch einer Frau dokumentieren, eine Straße zu überqueren. Die Gemeinschaftsarbeit von Carla Ahlander und Gernot Wieland macht das Warten sichtbar.

Rudolf Huber-Wilkoff geht mit Schildern und Zeichen im öffentlichen Raum um, und Gertrud Fischbacher entwickelte ein Projekt, dessen Ziel es war, beruhigende Naturbilder ins hektische Ambiente der U-Bahnstation Berlin Alexanderplatz zu bringen. Eine große Wandarbeit stammt von Bernhard Cella. Er zieht eine rote Spur, die verläuft wie der Salzburgring. Unterwegs gibt es noch und noch Markierungen, Konzepte für Arbeiten und notierte Überlegungen. Zwei Stehleitern machen die Nahsicht möglich.

WERNER THUSWALDNER