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Clemens Hollerer. the birth and death of the day

Einladung: Clemens Hollerer. the birth and death of the day. 2018

14.09.2018 - 13.10.2018

unttld contemporary, Wien / Österreich

Bru¨che, Kratzer, Splitter und Spuren. Zusammengeflickte Objekte, fragil in ein Gleichgewicht gebracht und nicht selten nur behelfsma¨ßig verbunden. Skulpturen, die den Raum rhythmisch takten, um ihn gleichzeitig zusammenzuhalten und aufzulo¨sen, zu durchdringen und in fragile Stabilita¨t zu bringen. Clemens Hollerers Arbeiten widmen sich der Anziehungskraft der Zersto¨rung. Grundsa¨tzlich an der Frage des Raumes und seiner Vera¨nderung interessiert, bescha¨ftigt er sich mit der vom permanenten Bauen gekennzeichneten Umgebung: der Stadt, aber auch der von Menschen domestizierten Landschaft.... Der fotografische Blick, der grundsa¨tzlich das Fokussieren thematisiert, bildet den Anfang seiner Werke und seiner ku¨nstlerischen Entwicklung. Seine skulpturalen Arbeiten, die sich seit 2006 aus einer Bescha¨ftigung mit dem Abbilden der Stadt heraus entwickeln, bestehen aus bemalten Holzlatten, wie wir sie von Baustellenabsicherungen kennen. Es folgten gla¨nzende Klebefolien oder pulverbeschichtetes Aluminium, deren industrielle Perfektion er gnadenlos bearbeitet, schindet und bricht. Vieles la¨sst an strapazierte Alltagsmaterialien denken, an funktionale Objekte, deren Gebrauch von massenhafter Nutzung und sta¨ndiger Transformation im industrialisierten und urbanen Kontext spricht. In den oft erst vor Ort gefertigten, adaptierten, pra¨zise geha¨ngten und inszenierten Arbeiten geht Hollerer genau auf den Raum ein und geradezu szenisch vor. Mit seinen skulpturalen Konstruktionen hat er in der Vergangenheit Zuga¨nge zu Galeriera¨umen verbaut, Zimmer mit ha¨ngenden Holzkonstruktionen durchstoßen oder Treppenha¨user mit einem luftigen Lattengeba¨ude aufgefu¨llt (Future Generation Art Prize, 2011). Einige wenige Arbeiten im Außenraum pra¨gen sein Schaffen: Im Juli 2018 in Bad Gastein etwa baute er entlang des gewaltigen Wasserfalls eine vielteilige Konstruktion aus grell-pinken Holzkreuzen, die an wehrhafte Panzerabsperrungen ebenso erinnerte wie an Lawinenza¨une oder u¨berdimensionale organische Gliederketten. Seine Arbeiten funktionieren immer als leichtfu¨ßige „Kommentare“, die in Form von ra¨umlichen Eingriffen und Umformulierungen den Raum nicht nur ko¨rperlich erfahrbar machen, sondern ihn auf seine sinnliche und formale Pra¨senz beleuchten. Hollerer widmet sich dem Relationalen und wendet sich ganz direkt an das Publikum: Denn gerade die Erfahrung von Raum ist perso¨nlich, sagt Hollerer1 und verweist dabei auf den Umstand der Kongruenz und Erga¨nzung von ko¨rperlicher und visueller Erfahrung. Raum steht in Holleres Schaffen fu¨r den Mensch gemachten Raum, fu¨r die ra¨umliche Setzung und die Architektur, die fu¨r die Verortung jedes Einzelnen eine existenzielle Rolle spielt. Insbesondere dieser Raum macht Bezu¨ge auf und zeigt sowohl unsere wie auch seine eigene Geschichte. Wird er konsequent gelesen und befragt, offenbart er sich als Quelle und wird zum Spiegel von einem selbst. Hollerer nimmt also auf die Erfahrung von Raum zweifachen Einfluss, wenn er sich mit seinen Objekten, Skulpturen und plastischen Bildern direkt an die visuellen und haptischen Sinne des Publikums wendet und u¨ber den Akt der Verletzung an die physische Pra¨senz des Raumes wie auch an die des darin eingebundenen Publikums erinnert.

Auch in seinen neueren Arbeiten, in denen er widersta¨ndigste Kunstharzlacke von Aluminiumplatten kratzt oder Collagen und Montagen aus Folien, bzw. aus pulverbeschichteten Aluminiumprofilen Maschinenarme in unterschiedlichen Haltungen zeigt, widmet er sich konsequent dem (oft urbanen) „Happening“ der Zersto¨rung. Hollerers Absicht, ein „Bild des Rohen“ zu schaffen und dabei „die Scho¨nheit des Unfertigen“ herauszuscha¨len, gru¨ndet sich in diesen ju¨ngsten Arbeiten auf der Beobachtung der A¨hnlichkeit und der Faszination von industrieller und natu¨rlicher Zersto¨rungskraft. Hollerers aus Klebefolie zusammengestellte „Maschinen-Collagen“ werden anhand von fotografierten Beobachtungen angefertigt. Die mit der Kamera eingefangenen Maschinenbewegungen von ma¨chtigen Baggerarmen werden in der aus dem Schwarz des Untergrunds herausstrahlenden, gla¨nzenden Serie an der Galeriewand zu eigensinnig performativen Kompositionen. Geradezu brachial arbeitet er sich in seinem Schaffen an den ma¨chtigen Heroen der Minimal Art und hier auch der Land-Art ab. Assoziationen zu Robert Smithson tun sich etwa in den Baggerbeobachtungen auf, die zerkratzten Lackbilder tragen ein Echo von Gerhard Richter in sich. Bei den pra¨zise im Raum positionierten Skulpturen verweist Hollerer selbst auf die große Kunstikone (Blinky) Palermo. Hollerers Vorgehen ist ein durchaus bewusster Umgang mit der Geschichte und weist immer wieder befreiende Merkmale von Post-Hardcore (Musik) auf; im Grundprinzip widersta¨ndig, gilt es „trotz“ einer Bu¨rde der Kunstgeschichte darin das Kontinuum des Schaffens durch U¨berarbeiten und Zersto¨ren zu erkennen. Wie so ha¨ufig, ist auch The birth and death of the day von Hollerers Faible fu¨r rebellische Musik inspiriert und einem Lied der Band Explosions in the Sky entlehnt. Als Titel einer Arbeit, die am Anfang von Hollerers Bearbeitung des Themas Maschine steht, werden in ihm Geburt und Tod in einem Tag zusammengefasst und in der gewaltigen Schaffens- und Zersto¨rungskraft der Baumaschinen gespiegelt. Wie Geburt und Tod gleichzeitig das quasi erotische Versprechen des Neuen und die Feststellung des Abschieds in sich tragen, legt Hollerer seinen Finger auf den aufregenden Umstand einer Existenz des immerfort Metamorphen.

Text: Katrin Bucher Trantow

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last modified at 16.05.2019


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