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Christian Bazant-Hegemark. Inseparable / Karin Pliem. De natura

Einladung: Christian Bazant-Hegemark. Inseparable. 2019

28.06.2019 - 03.08.2019

unttld contemporary, Wien / Österreich

Das Fragmentarische befindet sich im Aufbruch: Flu¨chtig und transitorisch ist es unterwegs im Namen der Auflo¨sung des Totalita¨ren. In der Spannungshaltung einer doppelten Relationalita¨t von Abschluss und O¨ffnung sucht es den Kontakt zur Grenze eines sich außerhalb befindlichen Ganzen. Anstelle seiner Selbstgenu¨gsamkeit – anstatt also seinen „Inhalt zum Sinn“ zu haben – verweist das Fragment in seiner Unfertigkeit zuna¨chst auf das außerhalb liegende Ideal eines geschlossenen Ganzen: „Diesen gro¨ßeren Zusammenhang“, der vom Fragmentarischen ex negativo behauptet wird, kann durch es selbst jedoch nie bewiesen werden.... Die Folge ist eine „grundlegende Unsicherheit, die fu¨r Fragmente charakteristisch ist“.

In solch einer planvoll erregten Unsicherheitszone verschwimmen die Sinnzusammenha¨nge. Die Aufmerksam- keiten fu¨r Einzelheiten werden gescha¨rft und die Interpretationsmo¨glichkeiten stimuliert. Weggelassenes dra¨ngt nach Erga¨nzung. Das System einer abgeschlossenen Werka¨sthetik wird durch das Unvollendete des Fragments geo¨ffnet. [...]

Text: Michael Paninski


De natura bezieht sich als Ausstellungstitel auf die künstlerische Erörterung von Relationen zwischen biologischen und zivilisatorisch-kulturellen Evolutions- und Transferprozessen, die Karin Pliem seit über 20 Jahren vor allem im Medium der Malerei durch- und vorführt. Ihr Konzept der natura (naturae) setzt sich aus Lebewesen aller Art zusammen, die aus unterschiedlichsten Ökosystemen und Erdregionen stammen – ausgenommen Homo sapiens. Dieser ist allenfalls durch seine Relikte oder durch kulturell-zivilisatorische Produkte vertreten – Architektur- und Skulpturfragmente, memento-mori-artige Totenschädel oder auch gentechnologisch veränderte Organismen. Aus den von der Künstlerin weltweit gesammelten oder recherchierten Vorbildern ihrer Bildelemente entstehen im Zuge des Malprozesses Hybride aus realen Organismen und Artefakten oder auch gänzlich neu erfundene Kreationen, die im Kern alle etwas mit der Vitalität und Präsenz ihrer Vorbilder zu tun haben. Resultat ist pro Bild ein im Detail oft konfligierendes, letztlich aber symbiotisches Miteinander von Komponenten unterschiedlichster Provenienzen. Karin Pliems Natur-Stücke spiegeln somit weniger die sichtbare Natur wider als ihre Auffassung, dass „selbst die heterogensten Dinge der Welt einen gemeinsamen Nenner, einen ursächlichen Zusammenhang“ haben.
De natura zitiert als Ausstellungstitel zudem nicht nur das von dem hispanisch-westgotischen Gelehrten Isidor von Sevilla Anfang des 7. Jahrhunderts verfasste Buch De natura rerum (Von der Natur/dem Wesen der Dinge), in dem der Autor naturkundliche und zugleich gesellschaftliche Themen erörterte, oder die dem Paracelsus zugeschriebene gleichlautende Schrift (1538), in der der damals umstrittene Arzt das Wachstum neuer Lebewesen aus dem Verwesungsprozess organischer Stoffe darstellte, sondern paraphrasiert auch den Titel von Vitruvs maßgeblichem Werk De architectura (Rom, 33–22 v.u.Z.). Architektur taucht in Karin Pliems hier ausgestellten Werken nämlich immer wieder auf, auch wenn nur im Hinter- oder Untergrund ihrer Malereien: Der antike Tempel von Segesta, eine westafrikanische Hausfassade oder Versatzstücke aus der manieristischen Gartenarchitektur von Bomarzo bilden multikulturell konnotierte Backstage-Szenarien, die von heftig florierenden Pflanzen und dazwischen flottierenden (Wasser-)Tieren gleichsam überwuchert werden. „Nicht zuletzt“, sagt Karin Pliem dann wieder im Sinn von Vitruvs „distributio“, „geht es mir um das Bild in einem durchaus klassischen Sinn: Die malerische Behandlung und Formulierung der Details muss innerhalb der mehrschichtigen Tafelbildfläche einem kompositorischen Gedanken Folge leisten. Weshalb meine Bildtitel auch gerne musikalische Satz- oder Tempobezeichnungen paraphrasieren – und umgekehrt meine Malerei gerne musikalisch interpretiert wird.“

Text: Lucas Gehrmann

[Quelle: Einladung]

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last modified at 26.06.2019


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