it’s about

13.09.2019 - 12.10.2019

curated by_vienna 2019, circulation, Wien / Österreich
Galerie Raum mit Licht, Wien / Österreich

Circulation is the magic word for the smooth running of which art is only one setting among many. For anyone who regards themselves as progressive and still wants to be artistically active, circulation is simultaneously commitment and output, prerequisite and result. The preferred place for its (re-)production is where social issues are only an effect of digitalisation and its value only counts statistically. Where “all that is solid melts into air, all that is holy is profaned”, we no longer need to rub our eyes....

What good would art be if it were not a concentrated reflection of prevailing conditions? As a distillate, art should pour “pure wine” and, nevertheless, (itself drunk) its real conditions and effects are forgotten. Who – a question to history! – needs perspectives? There are enough spirits in bottles. Eerily, what was once considered “real” and what was actually “factual” are diverging. The much-invoked “post-factual” creates facts. These are effects with “real” triggers and “real” effects that are all too often ignored. No cloud without a farm. No bot without ridicule.

It’s boom time for ghosts: good ghosts as well as evil monsters, to be trusted or to be unmasked as a spook. Their dark intentions ask to be unmasked and banished. Probably any means is right to dispel the horrors even before they appear. Like the pirate condemned to haunt in the Mickey Mouse Ghost of Black Brian adventure. He is not enough of a ghost to walk through walls but material enough to smash a radio set in two with his sabre, only to find out that the device speaks, but nobody is inside. The destruction of basis and superstructure becomes a paradoxical ghost hunt. The present-day ghosts are screwed up. Ghost hunters are possessed by their ghosts.

For some time now, this has also put pressure on the images that eke out their shadowy existence particularly in the domain of art. Extreme efforts at self-enlightenment of “art as art” hardly allow them to be “seen” any more, let alone “recognised”. Where too much power is attributed to them, their spellbound magic returns as powerlessness against “every-thing else”. Image power is one of the screwed up concepts that assigns power where no art and no image but sheer quota pressure circulates. Whereas art and image, on the other hand, are just quantifying factors of a hallucinating mimesis of power, or have to serve as mouthpieces for something “other” that has been suppressed, they again deceive about their “real” conditions – material applications, work, organisation, distribution. Anyone who speaks of analysis, criticism or possible ways out of the screwed-up circumstances – for instance through “collectivisation” or voodoo – will be abandoned by all good spirits. More than just a spectre is haunting … But the “spiritless” fear of them is indeed monstrous.


es geht um

Das Zauberwort heißt Zirkulation, für deren reibungslosen Ablauf Kunst nur ein Schauplatz unter vielen ist. Wer sich progressiv weiß und dennoch künstlerisch tätig sein will, dem ist Zirkulation zugleich Einsatz und Output, Voraussetzung und Ergebnis. Der bevorzugte Ort ihrer (Re-)Produktion ist dort, wo Soziales nur mehr ein Effekt von Digitalisierung ist und ihr Wert nur statistisch zählt. Wo längst „alles Ständische und Stehende verdampft, alles Heilige entweiht“ wurde, brauchen wir uns nicht mehr die Augen zu reiben.

Wozu sollte Kunst gut sein, wenn nicht als konzentrierte Widerspiegelung herrschender Verhältnisse? Als Destillat soll sie „reinen Wein“ einschenken und dennoch werden – selbsttrunken – ihre realen Voraussetzungen und Auswirkungen vergessen. Wer – Frage an die Geschichte! – braucht schon Perspektiven? Es gibt genug Geister in Flaschen. Gespenstisch bewegen sich was einst als wirklich, „real“ galt und das tatsächlich „Faktische“ auseinander. Das viel beschworene „Post-Faktische“ schafft Fakten. Diese sind Effekte mit „realen“ Auslösern und „realen“ Wirkungen, die allzu oft übergangen werden. Keine Cloud ohne Farm. Kein Bot ohne Spott.

Gespenster haben Konjunktur: gute Geister wie böse Monster, denen es zu trauen oder die es als Spuk zu entlarven gilt. Ihre finsteren Absichten wollen enttarnt und gebannt werden. Um die Schrecken zu vertreiben noch bevor sie erscheinen, ist wohl jedes Mittel recht. Wie der zum Geistern verurteilte Pirat im gleichnamigen Mickey Mouse-Abenteuer. Er ist zu wenig Spuk, um durch Wände zu gehen, aber materiell genug, um mit seinem Säbel ein Radiogerät entzweizuhauen, nur um festzustellen, dass das Gerät zwar spricht, aber dennoch keiner drin sitzt. Eine Zerschlagung von Bau und Überbau wird zur paradoxen Geisterjagd. Die Gespenster der Gegenwart sind verkorkst. Geisterjäger sind von ihren Geistern besessen.

Dies hat schon länger auch Druck auf die Bilder ausgeübt, die speziell in der Domäne der Kunst ein Schattendasein fristen. Äußerste Anstrengungen der Selbstaufklärung von „Kunst als Kunst“ lassen sie kaum mehr „gesehen“, geschweige denn „erkannt“ werden. Wo ihnen zu viel Macht zugeschrieben wird, kehrt ihr gebannter Zauber als Ohnmacht gegenüber „allem anderen“ wieder. Bildermacht heißt eines der vermurksten Konzepte, die Macht zuweisen, wo keine Kunst und kein Bild, sondern schierer Quotendruck zirkuliert. Wo hingegen Kunst und Bild nur noch als quantifizierende Faktoren einer halluzinierenden Mimesis der Macht gelten oder als Sprachrohr von etwas unterdrücktem „Anderen“ herhalten müssen, täuschen sie erneut hinweg über ihre „realen“ Bedingungen – materielle Einsätze, Arbeit, Organisation, Verteilung. Wer von Analyse, Kritik, möglichen Auswegen aus den verkorksten Verhältnissen – etwa durch „Kollektivierung“ oder Voodoo – spricht, wird von allen guten Geistern verlassen sein. Mehr als nur ein Gespenst geht um… Die „geistlose“ Angst vor ihnen ist tatsächlich monströs.


Institut für Betrachtung
Translation (English): David Westacott


[Quelle: curatedby.at]