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Genealogie der Dinge

11.09.2020 - 29.10.2020

Kunstverein Kärnten, Klagenfurt / Österreich

Das Projekt Genealogie der Dinge widmet sich alltäglichen Gegenständen und ihren Geschichten: Neun zeitgenössische, künstlerische Positionen werden gemeinsam mit den Ergebnissen der Schulworkshops gezeigt, die während der Laufzeit der Aus­stellung stattfinden. In den Workshops setzen sich Schüler*innen des Bundesrealgymnasium Klagenfurt-Viktring mit der Thematik der Ausstellung und den gezeigten Arbeiten auseinander. Ihre Ergebnisse sind Teil der Ausstellung als möglicher Eingriff oder Umdeutung....

Die Ausstellung fragt nach dem Stand der Dinge, nach ihren Positionen im gesellschaftlichen Diskursraum und nach den Machtpotentialen, die ihnen eingeschrieben sind. Was sind überhaupt Dinge? Wen oder was repräsentieren sie? Welche Rolle spielt das Ding als Wertgegenstand? Welchen Gebrauchs- und Tauschwert hat es? Welche emotionalen, persönlichen, sozialen und politischen Werte trägt es?

Die Genealogie steht dabei im Zeichen der Geschichte und der Archäologie. Das Ding wird einerseits als Fährte verstanden, das manchmal direkt, manchmal auf Umwegen, zu bestimmten und unbestimmten, vergangenen und zukünftigen Ereignissen führt. Gleichzeitig geht es nicht nur darum, das Ding zu interpretieren, sondern es als materielle Komponente in einer komplexen Architektur des Wissens ein- und anzuordnen, das heißt sein Wirken stets in Verhältnissen zu begreifen.

Über den Stand der Dinge hinaus geht es darum, ihre Ordnung und ihre Sprache zu erforschen. Die Sprache der Dinge wird zu einer materiellen Kondensation von Beziehungsweisen zwischen Mensch, Gesellschaft und Politik mit all ihren Begehren. So ist das Ding als Ware hier als Verdichtung von Arbeitskraft, sozialen wie ökonomischen Verhältnissen zu verstehen. Ordnungen zeigen sich in historischen und zeitgenössischen Konstruktionen, ReInterpretationen und Verwendungen, ihren Anordnungen in Raum und Zeit, ihren affektiven Registern. Die Dinge werden seziert, Hintergründe ihrer Konstruktion hinterfragt, immaterielle Werte und Normen sichtbar gemacht.

Die gezeigten Positionen hinterfragen die vermeintliche Neutralität der Orte der Dinge. Sie machen Dinge zu Zeug*innen. Wem gehören bzw. gehörten sie? Für wen sprechen sie und wann bleiben sie stumm? Welche Geschichten erzählen sie über sich, Gesellschaften und ihre Perspektiven? Was sagen uns Dinge darüber, wer sprechen kann und darf, wem die Deutungsmacht über und durch Dinge zukommt? Welche Gegenstände werden sichtbar gemacht oder verbleiben in den Archiven? Welches Wissen liegt in den Dingen verborgen?

Zudem befasst sich die Ausstellung mit dem Potential der Dinge. Sie sind nicht als bloße Verweise auf festgeschriebene Bedeutungen zu verstehen, sondern als Potentialitäten, aus denen heraus sich andere Verwendungen, Repräsentationen und Kräfte-Verhältnisse entwickeln können. So können sie in neuen Kontexten ihre Funktionen und Bedeutungen verändern und an Wichtigkeit gewinnen oder verlieren.

Die gezeigten Positionen machen uns vertraut mit dem Leben der Dinge.1 Hierfür wird das Ding nicht als lebloses Objekt begriffen. Es bedarf vielmehr Aufmerksamkeit, Zeit, Handhabung oder Care. Dinge spenden Trost, wecken Erinnerung, sind unabdingbares Hilfsmittel, symbolisieren sozialen Status oder politische Agenden. Die Menschen wirken nicht nur auf Dinge ein, sondern die Dinge auch auf uns.

So wird das Ding als Fährte, als Spur im doppelten Sinne verstanden. Einerseits sind es die Arbeiten der Künstler*innen und Schüler*innen, deren Auseinandersetzungen unterschied- liche Zugänge zu Genealogien der Dinge schaffen. Andererseits können die Besuchenden die gelegten Spuren individuell inter­pretieren, eigene Wege gehen, Verknüpfungen herstellen und ihre Beziehung zu Dingen befragen. Die Begegnung mit Dingen bietet so die Möglichkeit einer Untersuchung, Dekonstruktion und Befragung und fordert die Besuchenden zum Unlearning auf: Nicht nur in der Ausstellung, sondern auch im Alltag.

Yul Koh & Rebecca Fuxen



1 – Beispielsweise Institutionen,
Archive, Museen, Shops oder
öffentliche Orte, aber auch
private Rückzugsorte.

[Quelle: https://web.archive.org/web/20240000000000*/https://www.kunstvereinkaernten.at/Archiv/2020-Genealogie-der-Dinge.html]

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