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Anna Jermolaewa. Nostalgia

Ausstellunsginformation: Anna Jermolaewa, Nostalgia. 2013

30.09.2012 - 14.10.2012

Camera Austria, Graz / Österreich

»Wenn Sie nach Kuba wollen, machen Sie das schnell, der Sozialismus geht dort zu Ende und es beginnt das, was in Russland Ende der 80er geschah«, schreibt ein russischer Tourist auf einer Internet-Seite. Und in einem Reiseführer heißt es: »Nostalgisch gestimmte Urlauber sollten jetzt nach Kuba reisen. Denn spätestens seit der schweren Erkrankung von Staatschef Fidel Castro ist unklar, wie lange sich die kommunistische Bastion noch halten kann«. Der Kommunismus ist somit Anfang des 21. Jahrhunderts zu einer Touristenattraktion geworden, der Besuch Kubas zu einer Art Zeitreise, Politik zu einer nostalgischen Erinnerung an jene Zeiten, in denen Geschichte noch stattfand....
1964 drehte ein sowjetisch-kubanisches Filmteam unter der Regie von Mikhail Kalatozov einen mehr als zweistündigen Film über Kuba, »Soy Kuba«, der dessen revolutionäre Geschichte in epischen Bildern erzählt. Als Propaganda-Projekt zweier im Aufbau des Sozialismus verbundenen Nationen, dem alle notwendigen Mittel über mehr als zwei Jahre zur Verfügung gestellt wurden, hatte der Film jedoch keinerlei Erfolg – die KubanerInnen fanden sich in den Bildern und der Geschichte nicht wieder, nach einer Woche wurde der Film vom Spielplan genommen, in der Sowjetunion sogar verboten.
Die vergnügungssüchtigen Amerikaner, die zur Prostitution genötigten Frauen, die verarmte Landbevölkerung, die studentischen Revolutionäre, die brutale Polizei, die Verfolgung der Aufständischen, der Sieg der Revolution: im Grunde sind alle Elemente des Revolutionären versammelt, die Folie dafür liefert die überwältigende Landschaft der karibischen Insel. Dennoch stellte sich offenbar kein Realitätseffekt ein, erst viel später wurde der Film als cineastisches Meisterwerk wiederentdeckt, als die Revolution nur mehr eine Erinnerung war und allein im Film selbst gegenwärtig oder heute als Graffitis an den Mauern und Hauswänden: »Stets werden wir treue Verteidiger des Sozialismus sein«; »Der Sieg war, ist und wird immer unser sein«; »Es leben Fidel und Raul«, und sogar »Sozialismus oder Tod«.
Anna Jermolaewa besuchte im Sommer 2012 die Schauplätze dieses Films, so etwa das Dach des legendären »Hotel Capri« und das Kino «Teatro Cuba«, in dem die Premiere des Films stattfand, sie sprach mit MitarbeiterInnen am Film, etwa mit Enrique Pineda Barnet, der am Skript mitgeschrieben hat. Die Reise versucht, die Dreharbeiten und das Verhältnis, in dem der Film zur Gegenwart Kubas in den 1960er Jahren stand nachzuvollziehen und damit das Verhältnis, in welchem die künstlerische Wirklichkeit zur Wirklichkeit von Politik und Geschichte stand, bevor die letzten Spuren beseitigt sein werden und sie völlig der Nostalgie anheimfallen.

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last modified at 08.07.2013


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