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Iris Andraschek & Georgia Creimer. all these signs... overwriting the subject

Einladung: Iris Andraschek & Georgia Creimer. all these signs... overwriting the subject. 2014

03.04.2014 - 18.05.2014

Galerie Raum mit Licht, Wien / Österreich
Vienna Gallery Weekend 2014, Wien / Österreich

»All these signs... Overwriting the subject«

Während der doppelt formulierte Titel der Dialogausstellung zwischen Georgia Creimer und Iris Andraschek noch auf ein Zusammentreffen zweier als konträr zu bezeichnender Positionen schließen lässt, ist es vor allem die gemeinsame Affinität zum öffentlichen Raum, welche die Arbeiten der Künstlerinnen miteinander verbindet.

Georgia Creimer hat Spuren des Animalischen im urbanen Umfeld – kurz: Hundepissflecken – auf Strassen und Gehwegen mit der Kamera ihres Smartphones fotografiert.... Diese Fotografien hat sie in Folge derart bearbeitet, dass jene Flecken erst als einziger Bildinhalt freigestellt wurden, um am Ende auf Aquarellpapier gedruckt und präsentiert zu werden. Mit dem Hintergrund ihrer intensiven Auseinandersetzung mit Malerei ist diese Arbeitsweise besonders virulent, findet sich hier doch einerseits ein starker Verweis auf abstrakte Tendenzen innerhalb jenes Mediums wieder, andererseits auf die Bedeutung der einer Abstraktion immanenten Geste, welche retrospektiv befreiend verstanden wurde. Ganz im Sinne Duchamps verschreibt sich die Künstlerin in dieser Arbeit der Erforschung des Alltäglichen und des Banalen, doch nicht um dieses einem Status quo der Kunst einzuschreiben, sondern um es mit den Mitteln der Fotografie einer formalen Sprache eines anderen Mediums anzugleichen: Dieser Transformationsprozess ist in diesem Fall ein exklusiv fotografischer, während der Akt des Freistellens von Bildinhalten historisch über die Beziehung zur daraus resultierenden Frontalität wesentlich an den Betrachter und dessen transzendierendes Potential gebunden ist. Die Handschrift von Georgia Creimer verleiht der Fotografie als Medium somit nicht nur einen eindeutig subversiven Charakter, sondern lotet deren intermediale konzeptionelle Möglichkeiten aus. Während die Künstlerin das Chaos innerhalb des uns schon gewohnt erscheinenden Banalen zu ordnen trachtet, wandelt sie die Pissflecken als äußere Signifikanten ebendessen um, und überführt diese hin zu einer Existenz als Signifikat – hier einem Zeichen der inneren Ordnung, welches ausschließlich in der erfahrungsgebundenen Rezeption des Betrachters zum Tragen kommt. Analog zu diesem Prozess müssen auch ihre gleichzeitig entstandenen Objektarbeiten verstanden werden, für welche sie die Umrisse der Flecken annähernd realistisch vergrößert hat, um diese als Formen auf eine mit Aquarellpapier kaschierte Kunststoffplatte von 2cm Dicke zu übertragen. Schließlich wird diese mit mehreren Lasuren von hellem Gelb gleichmäßig bemalt: Wieder findet eine Verschiebung von Wertigkeiten der Zeichen gemäß Georgia Creimers formaler Überlegungen statt.

Die Methodik in Iris Andrascheks Arbeiten hingegen ist wesentlich vom fotografischen Festhalten ritualisierter Handlungen des Menschen im öffentlichen Raum, sowie durch installative Eingriffe in ebendiesem geprägt. Zuweilen treten diese beiden künstlerischen Vorgangsweisen in ein gegenseitiges Wechselspiel ein, wenn die Künstlerin – wie in der gegenwärtigen Ausstellung – Fotografien, die sie zuvor im öffentlichen Raum installiert hat, im nunmehr bereits angewitterten und verblassten Zustand zurück in den Ausstellungsraum holt. Sie überführt diese Fotografien in dieser Handlung nicht einfach einem neuen Zweck, sondern macht einen transitiven Prozess sichtbar, dessen Ursprung in den Bildern der realen Welt zu suchen ist. Dem Ritus in seiner wiederholenden Bestimmung eines vergangenen Ideals schreibt sich nämlich – im Deleuze'schen Sinn – gleichzeitig die Differenz mit ein, der wir als Subjekte unterworfen sind. Die reine Wiederholung, gleichgültig ob im Bildinhalt oder in der Bildform, gibt es demnach nur im Objekt. Die Gedanken zum Ritus als artifizielles Produkt menschlichen Schaffens können in Iris Andrascheks Arbeit jedoch nicht ohne die Auseinandersetzung mit dessen Gegenstück, dem natürlichen Zyklus, verfolgt werden: Wind und Wetter sind der Prüfstand für das fotografische Material, verändern oder löschen gar Inhalte und damit das Subjekt, während der fotografischen Arbeit selbst derart erst Leben eingehaucht wird, um im Ausstellungsraum in ein adäquates Verhältnis zu eigenen oder anderen Arbeiten treten zu können. Diese zeigen sich unter anderem in der Setzung von Metallgitterstrukturen innerhalb des Raumes 2 der Galerie: Kam diesen noch – im öffentlichen Raum frei stehend – eine präsentative Funktion für die Fotografien zu, so erfahren die Gitter als Rauminstallation eine weitere Lesart: Rosalind Krauss stellte bereits fest, dass die geschaffene Kadrierung eines Raumes den Betrachter auf die Ambivalenz eines Fensters, dessen begrenzende als auch öffnende Aspekte verweist. Diese Feststellung wird somit in einer Parallelbewegung nicht nur konkret auf jene Fotografien angewandt, welche an den Gitterstrukturen angebracht sind, sondern Iris Andraschek begreift das Medium in seiner Prozessualität zwischen innerer und äußerer Realität auch als Ausgangspunkt ihrer vielen Zeichnungen.

Somit gründen beide künstlerische Positionen in ihrer Arbeit auf transformierenden bzw. transitiven Prozessen, wobei diese Übergangszustände nicht nur reflektiert, sondern auch selbst zum Thema der jeweiligen Arbeit gemacht werden. Das Aufeinandertreffen der Künstlerinnen kann ähnlich einer Begegnung im öffentlichen Raum verstanden werden, basierend auf Bewegungsfreiheit beim Lesen der individuellen Zeichen, bei einem gleichzeitigen objektiven Wissen um das wechselseitige Wandlungspotential.

Andreas Müller


[Quelle: www.raum-mit-licht.at]

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last modified at 15.05.2014


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