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Activaciones

Einladung: Activaciones. 2014

03.04.2014 - 17.05.2014

Neue Galerie, Innsbruck / Österreich

Die wirtschaftliche Krise in Europa hat in den letzten Jahren neben Griechenland besonders stark auch Spanien betroffen. Ausgehend von dem konkreten sozialen und politischen Kontext des gegenwärtigen Spanien setzen sich die KünstlerInnen der Ausstellung Activaciones auf unterschiedliche Weise mit der derzeitigen gesellschaftlichen Lage auseinander. Vor allem die Auswirkungen der Krise, Protest und Mobilisierung in einer prekärer werdenden Situation werden in den Arbeiten thematisiert. Die Ausstellung zeigt Positionen von fünf KünstlerInnen bzw.... Künstlerkollektiven einer jüngeren Generation.

Die wirtschaftlichen Probleme des Landes betreffen nicht nur den Arbeitsmarkt, sondern setzten zahlreiche Maßnahmen von Sozialabbau in Gang, die sich auf den Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich sowie auch auf kulturelle Einrichtungen und Kunstinstitutionen auswirken. Proteste gegen Erscheinungsformen der Krise, die vor allem seit drei Jahren – seit der Bewegung 15M 2011 – verstärkt stattfinden, werden von unterschiedlichen Bevölkerungs¬gruppen getragen. In Verbindung mit diesen Protesten stehen bestimmte künstlerische Praktiken, die teilweise selbst auf diese Bewegungen rückwirken oder direkt in diese intervenieren, mit dem Ziel, Dissens herzustellen und das Publikum zu aktivieren. Konzeptuelle Ansätze, Recherche und Dokumentation bilden weitere künstlerische Verfahrensweisen, die von KünstlerInnen aufgegriffen werden.
In Zusammenhang mit einer vehementen Kritik an dem Agieren der Banken liegt der Fokus von einigen Arbeiten in der Ausstellung auf der Frage von Delogierungen: In den letzten Jahren wurden in Spanien zehntausende Wohnungen zwangsgeräumt, weil immer mehr betroffene Familien ihren Wohnungskredit nicht mehr zurückzahlen konnten. Die Rückgabe der Wohnung an die Bank deckt in der Folge die Gesamtschulden nicht ab, weil diese meist weit unter dem Kaufpreis versteigert wird. Paradoxerweise stehen gleichzeitig seit dem Platzen der Immobilienblase unzählige Wohnungen leer. Seit dem Beginn sozialer Proteste fanden inzwischen einige erfolgreiche Blockaden der Delogierungen statt, initiiert von Nachbarn der Betroffenen oder Mitgliedern der Plattform gegen Zwangsräumungen.
Nu´ria Güells Arbeiten sind von subversiven Eingriffen geprägt. Für ihr Projekt Intervención #1 (2012) schafft sie mit der Gründung einer Kooperative einen legalen Rahmen für ihre Aktion: Die Künstlerin beauftragte über die Kooperative einen arbeitslosen Bauarbeiter, der selbst zuvor delogiert worden war, eine Wohnungstüre aufzuschließen, und dokumentierte den Vorgang auf Video.
Diese Wohnung stand wie so viele andere leer, nachdem sie und das gesamte Gebäude nach der Zwangsräumung der Bewohner von der Bank Caja Mediterráneo bei einer Versteigerung erworben worden war. Die Türe ist nicht nur skulpturales Objekt ihrer Installation, sondern erfüllt einen Zweck außerhalb des Ausstellungskontextes – mit der Entfernung der Eingangstüre besteht für die ehemaligen Bewohner die die Möglichkeit, ihre Wohnung wieder legal in Gebrauch nehmen zu können.
Das Medienkunst-Kollektiv Enmedio (Barcelona) interveniert im Rahmen des TAF! – Taller de Acción Fotográfica [Workshop fotografischer Aktion] im öffentlichen Raum Barcelonas und weiteren spanischen Städten. In Kampagnen wie No somos números von 2012 [Wir sind keine Zahlen] thematisieren sie gemeinsam mit FotografInnen und AktivistInnen der Plattform gegen Delogierungen [PAH – Plataforma de Afectados por la Hipoteca] die Zwangsräumungen, die in Spanien in den letzten Jahren immer mehr zu einem Massenphänomen geworden sind. Im Rahmen der Kampagne werden Porträts Betroffener an öffentlichen Plätzen oder an Fassaden von Banken affichiert und geben ihnen so eine Präsenz im öffentlichen Raum. Postkartenaktionen zur Unterstützung konkreter Fälle richten sich direkt an die Banken, die als konkrete Verantwortliche für deren Situation benannt werden.
Mit der unmittelbaren Präsenz des eigenen Körpers, den Mitteln von Gesang und Tanz arbeiten FLO 6x8. Sie selbst bezeichnen sich als „colectivo activista-artístico-situacionista-performático-folklórico-no violento", „aktivistisches-künstlerisches-situationistisches-performatives-folkloristisches-gewaltfreies Kollektiv". In ihren turbulenten Aktionen greifen sie auf die Traditionen des Flamenco zurück, über Schmerz und Unterdrückung zu singen. FLO 6x8 führt vor Finanzinstitutionen oder in Bankfoyers aktivistische Tanz-Performances auf, um gegen das Finanzsystem zu protestieren und um „auf die Banken als Verantwortliche der großen Plünderung und Verursacher der wirtschaftlichen Krise aufmerksam zu machen." Die Liedtitel verweisen auf den appellativen und ironischen Charakter der Interventionen, die die KundInnen der Banken direkt einbeziehen.
Ein wichtiger Teil der Performances ist es, danach die Videos der Performances im Internet über Youtube öffentlich zugänglich zu machen und zirkulieren zu lassen.
Der Künstler Adrian Mélis zeigt in seiner Fotoserie Puntos de reposicio´n (2013) Bilder, die er in verschiedenen spanischen Städten aufgenommen hat: Auf diesen sieht man Hausmauern, auf die frisch gemalt wurde. Übermalt wurden Graffitis mit populären Slogans sozialer und politischer Proteste wie „Esto no es una crisis, es una estafa“ [Das ist keine Krise, das ist ein Betrug]. Unterhalb der Fotos reproduziert der Künstler als eine Art Untertitel die Sprüche und dekodiert auf diese Weise die unscheinbaren Bilder. Mit neutralem Blick fotografiert, konterkarieren die ruhigen Aufnahmen die aufrüttelnden Graffitis, die zugedeckt durch eine Schicht Farbe doch eine untergründige Präsenz besitzen.
In einer Verkehrung des üblichen Gebrauchs von Repressionsinstrumenten gegen Protest und Ausschreitungen lässt Fernando Sánchez Castillo in seinem Video Pegasus Dance (2007) zwei Wasserwerfer eine tänzerische Choreographie ausführen. Gefilmt wurde im Hafen von Rotterdam in Zusammenarbeit mit dem holländischen Militär. In einer poetischen Verkehrung des eigentlichen Zwecks der Fahrzeuge, der Unterdrückung von Protest, ist ein romantischer Tanz zu Walzerklängen zu sehen. Die eigentliche Funktion der Wasserwerfer wird in einer musicalhaften, burlesken Inszenierung satirisch verfremdet, wenn sie wie anmutige Tiere über den Asphalt schweben.

[Quelle: www.kuenstlerschaft.at]

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last modified at 09.04.2014


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