Johanna Kandl. Nah am Text

09.10.2014

Erzbischöfliches Dom- und Diözesanmuseum, Wien / Österreich

Kunstprojekt an der Baustelle
Zwettlerhof, 1010 Wien, Zugang über Stephansplatz 6 und/oder Wollzeile 2

Trotz Schließung und Umbau präsentiert sich das Dommuseum Wien als Ausstellungs- und Diskussionsort. So werden der 2,5 m hohe und 20 m lange Bauverschlag aus Grobspanplatten im Zwettlerhof sowie die Lünette im Eingangsbereich des Stephansplatzes während der Bauphase zum Display für Gegenwartskunst. Mit ihren beiden malerischen Arbeiten verweist Johanna Kandl zugleich auf zwei der bedeutendsten kunsthistorischen Exponate aus dem Domschatz, die ab der Wiedereröffnung erneut im Dommuseum zu sehen sein werden: auf das Bildnis Rudolfs IV...., bekannt als erstes eigenständiges Porträt des Abendlandes, und auf das Grabtuch des 1365 frühverstorbenen innovativen Herrschers und "Stifters".
Diskutiert wird, auf welchem Wege der mit Goldfaden gewebte Seidenstoff, gefertigt in Iran für den muslimischen Ilchansultan Abu Sa?id (reg. 1316-1335), in da Umfeld des Gründers der Wiener Universität (Alma Mater Rudolphina) und Initiators des Stephansdomausbaus gelangte und was die Verwendung als Grabtuch motivierte.

Johanna Kandls Arbeiten werfen eine Reihe von Fragen auf, die Geschichte und Gegenwart miteinander in Beziehung setzen – sowohl in inhaltlicher als auch in medialer Hinsicht: Wie kam es dazu, dass einem verstorbenen christlichen Herzog ein Grabtuch auf den Leib geschneidert wurde, das mit arabischer Schrift überzogen ist und einen Sultan würdigt? Welche Veränderung geht vor sich, wenn ein spätmittelalterlicher orientalischer Stoff plötzlich malerisch übersetzt im öffentlichen Raum des 21. Jahrhunderts an einer Baustelle zitiert wird?

[Quelle: http://www.dommuseum.at/]