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Widerstand und Amnesie #2 – Über gescheiterte Utopien, lebendige Mythen und Kolonialität heute

Einladung: Widerstand und Amnesie #2. 2015

18.06.2015 - 01.08.2015

Kunstpavillon, Innsbruck / Österreich

Die Ausstellung wurde im Rahmen des Internationalen Fellowship-Programms für Kunst und Theorie /i> im Künstlerhaus Büchsenhausen 2014/15 produziert. Daran beteiligt sind die diesjährigen Stipendiat_innen des Fellowship-Programms, die Künstler_innen Bisan Abu-Eisheh, Annalisa Cannito, Raja'a Khalid und Emma Wolukau-Wanambwa. Ihre künstlerischen Ansätze und Untersuchungsgebiete im Rahmen des Fellowship-Programms in Büchsenhausen bildeten den Ausgangspunkt für die Konzeption der Ausstellung.

Widerstand und Amnesie #2 (1) zeigt postkolonial-amnesische Momente im öffentlichen Gedächtnis Europas in dem Versuch auf, einen Überwindungsprozess zur Wiederherstellung der Erinnerung einzuleiten.... Das (wieder-)gewonnene Wissen soll im Zuge dieses Vorgangs auf dessen Aktualität befragt werden. Die aus der Überwindung der Amnesie erlangten Gewissheiten vermögen in der Gegenwart eine emanzipatorische Kraft zu entfalten, die den Widerstand gegenüber wachsenden Asymmetrien zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden – die ihrerseits mit wachsenden inneren sozialen und ökonomischen Asymmetrien einhergehen – aktivieren kann.

Was haben also die politische Inhaftierung eines palästinensischen Kommunisten durch das israelische Regime 1980, der Ruf Mussolinis nach Goldspenden seitens der italienischen Bevölkerung zur Finanzierung des Kriegs gegen Äthiopien 1935, die Errichtung des ersten karibischen Luxusressorts 1953 in der damaligen britischen Kolonie Jamaika, die Ansiedlung ehemaliger polnischer und ukrainischer Kriegsgefangenen 1941 in Ostafrika am Victoriasee und die Eröffnung eines Mausoleums für einen faschistischen Kriegsverbrecher 2012 in einem kleinen italienischen Dorf nahe Rom miteinander zu tun? Sie alle sind Manifestationen eines Vorgangs, dessen Ursprünge bis ins ausgehende 15. Jahrhundert, bis zur „Entdeckung“ Amerikas, zurückreichen: der globalen Expansion der europäischen Moderne als subalternisierendes System. Die scheinbar disparaten Ereignisse, die in einem Zeitraum von 80 Jahren stattfanden, sind allesamt von einem kolonialen bzw. postkolonialen Machtimpetus geprägt – kurz: durch Kolonialität. Von deren Ausformungen, Auswirkungen und Ursprüngen erzählt diese Ausstellung.

„Es ist durchaus nützlich, daran zu erinnern, dass das Hereinbrechen der Modernität die – zwar stufenweise, aber doch radikale – Transformation der intersubjektiven Strukturen, die ihr vorausgingen, sowie die Herausbildung eines einzigartigen Modells von Rationalität, das Schritt für Schritt die Gesamtheit der Weltbevölkerung erfasste, bedeutet hat. Eine der fundamentalen Grundlagen dieser umfassenden Veränderung war eine neuartige Auffassung der Zeit, in welcher Vergangenheit durch die Zukunft als prinzipieller Erwartungshorizont der Gesellschaft ersetzt wird […]“ – schreibt der venezolanische Anthropologe Pablo Quintero (2). Diese Zeitauffassung betrifft im 20. Jahrhundert sowohl die kapitalistische als auch die kommunistische Vorstellung der Weltordnung. Während jedoch die neoliberal-adaptive Konzeption des Kapitalismus (die in Europa gegenwärtig immer mehr auf einen konservativen Protektionismus setzt) trotz aller vermeintlicher Rückschläge als eine global expandierende Ideologie realpolitisch überlebt und einen scheinbar unaufhaltsamen Siegeszug feiert, verfängt sich die kommunistische Utopie in ihren regionalen, real-sozialistischen Partikularitäten und scheitert schließlich als politische Ordnung. Dass es aber mehr gibt als nur eine dualistische Form der Betrachtung diesbezüglich, dass die kapitalistische Herrschaftsform unterschiedliche Formen von (mitunter religiös begründeter) Kolonialität erzeugen kann, die eine jahrhundertelang unterdrückte und verfolgte Ethnie selbst zur Verfolgerin macht, daran erinnert uns am Eingang in die Ausstellung die Arbeit des aus Palästina stammenden Künstlers Bisan Abu-Eisheh. Ein Livemusik-Set steht hier aufgebaut, eine akustische Gitarre, eine Trommel, ein Tamburin, zwei Mikros, ein Partiturständer warten auf den Spieler, während aus einem alten Lautsprecher ein Lied ertönt. Die Melodie im Stil von Bob Dylan klingt vertraut, gesungen wird über das Inhaftiert-Sein, über Sehnsucht und Liebe. Doch später im Lied wird klar, dass es nicht nur darum geht, sondern auch um ein freies Palästina, um den langen Weg dorthin, um Befreiungs- und um Klassenkampf.

Tatsächlich beschäftigt sich Bisan Abu-Eisheh in einer längerfristig angelegten künstlerischen Investigation mit Identitätsfragen an Hand des Privatarchivs seines Vaters, der 1980 als Mitglied der Kommunistischen Partei Palästinas denunziert worden und drei Jahre in einem israelischen politischen Gefängnis inhaftiert gewesen war. Aus dieser Zeit stammen unter anderem Briefe an seine Frau und künftige Mutter des Künstlers, aber auch Fotos von Freund_innen und Bekannten, die der Vater im Gefängnis erhalten hatte. Bisan Abu-Eisheh richtet das Augenmerk in der Auseinandersetzung mit diesem Material nicht nur auf die Entfaltung einer Privatgeschichte sondern vielmehr auf die gesellschaftlichen Normen, die politische Sprache, die Lebensumstände und die Ideologien dieser Menschen, die allesamt im Zusammenhang mit dem Wunsch nach Freiheit in einer Gesellschaft unter Besatzung betrachtet werden.

Für die Installation im Kunstpavillon hat Bisan Abu-Eisheh Briefe des Vaters ins Englische und anschließend ins Deutsche übersetzen lassen. Der Musiker Kamil Szlachta (www.woistkamil.info) wurde beauftragt, aus diesem Text Lyrics für ein Lied zu verfassen, die die wesentlichen stilistischen Merkmale der Briefe beibehalten (den Pathos, die Rhetorik), und damit ein Lied zu komponieren und zu performen. Dabei ging es nicht zuletzt darum, den Mythos der kommunistischen Verheißung, seine beständige Lebendigkeit trotz offensichtlichen Scheiterns, aber auch die pathetische Adressierung, die für die arabische Sprache charakteristisch ist, zum Ausdruck zu bringen. Die körperliche Abwesenheit der singenden Stimme erzeugt eine nostalgische Wirkung, eine melancholische Sehnsucht nach der Utopie eines besseren Lebens, die nun in eine weite Ferne gerückt ist.
Die „wissenschaftliche“ Ausbeutung der Natur, insbesondere der Nutzpflanzen aus einer anderen „weiten Ferne“, den ehemaligen deutschen Kolonien, ist eines der zentralen Themen in der Installation Idyllic Place or State von Raja'a Khalid. In ihrer aktuellen Praxis interessiert sich die Künstlerin für den politischen und imperialen Unterbau räumlicher Praxen und Erzeugnisse. Konkret geht es um Formen der Erzeugung von „Komfort“ und die damit verbundene Idee des Luxuriösen, die im Kontext des sogenannten „Ost-West-Dialogs“ über die Jahrhunderte hinweg eine stereotype Zuschreibungsfunktion als Auslöser und Antreiber exotischer Sehnsüchte in der westlichen Welt erfüllt hat. Raja'a Khalid fokussiert unsere – vor allem olfaktorische – Aufmerksamkeit auf die Sammlung tropischer Nutzpflanzen im heutigen Berliner Botanischen Garten. Diese Sammlung hat ihren Ursprung in der 1891 gegründeten „Botanischen Zentralstelle für die Deutschen Kolonien“, deren Ziel es war, die Untersuchung und Zirkulation von kommerziell verwertbaren Pflanzen aus und in den deutschen Kolonien zu organisieren. (Es mag nicht als überraschend erscheinen, dass die Zentralstelle nach dem Ersten Weltkrieg geschlossen und während des Nationalsozialismus zumindest für zwei Jahre, 1941–1943, wieder eröffnet wurde.) Im heutigen Gewächshaus sind Kulturpflanzen wie Zuckerrohr, Kaffee- und Teepflanzen, Bananengewächse, Mahagonibäume etc. untergebracht. Viele dieser Pflanzen wurden im Zuge gewalttätiger Ereignisse „entdeckt“ und wirtschaftlich verwertet. Aus diesem Grund betrachtet Raja'a Khalid das „Gewächshaus C – Nutzpflanzen“ im Botanischen Garten Berlin als ein „koloniales Gesamtkunstwerk botanischer Materialien und deren Herkunft“.

Die Künstlerin hat aus der duftreichen Luft dieses Gewächshauses eine Probe entnommen und an ein Labor zur Untersuchung der Aromenzusammensetzung verschickt. Der Laborbericht enthielt sowohl Beschreibungen der Duftnoten („fruchtig“, „süß“, „Olive“, „Körpercreme“, „Pilze“, „erdig“, „grasig“, etc.) als auch die chemische Zusammensetzung der Luft. Daraus stellte ein professioneller Parfümentwickler einen Duft her, der möglichst nah an die Originalluft kommt (zumindest so, wie diese in der Erinnerung der Künstlerin noch abrufbar ist). Dieses Parfüm wird mit Hilfe eines industriellen Duftdiffusors in der Ausstellung erfahrbar. Besucher_innen genießen eine Mischung aus „nassen, moosigen, erdigen, ozonischen, grasigen“ Aromen gemischt mit Ylang-Ylang-, Jasmin-, Metall- und Plastiknoten.

In nächster Nähe dieses erdigen Duftes ist die gerahmte Fotografie einer stereotypen „blonden weiblichen Schönheit“ an einem Sandstrand zu sehen. Den Hinweis, wo dieses Foto aufgenommen worden sein könnte, liefern die im Raum befindlichen Hibiskus-Pflanzen: Ursprünglich aus Jamaika stammend, sind diese heute weltweit verbreitet, sowohl als Tee als auch als dekorative Zimmerpflanze. Die abgebildete Frau ist Liz Benn, eines der berühmtesten Modells der 1950er Jahre, die hier für das Vogue-Magazin „irgendwo“ an einem Strand in der Karibik posiert. An diesem Ort, so Raja'a Khalid, übergibt die koloniale Pflanzenkunde sozusagen die Staffel hinsichtlich der Herstellung exotischer Sehnsuchtsbilder an die postbellische Fashion- und Tourismusindustrie. Liz Benn war mit John Pringle verheiratet, einem Entrepreneur, der von seinem schottischen Großvater 100.000 Acres Zuckerplantage am Montego Bay auf Jamaika erhalten hatte und dieses Gebiet ab 1953 zu dem weltweit bekannten Luxusressort Round Hill für reiche Amerikaner_innen umbauen ließ. Round Hill war damals eine Pionierleistung seiner Art und wurde in den darauf folgenden Jahrzehnten weltweit nachgeahmt. Viele dieser Ressorts befinden sich heute auf ehemaligen europäischen Kolonialgebieten in der Karibik, an der afrikanischen Ostküste, in Ostasien und im Südpazifik.
Die Verheißung eines besseren, ja paradiesischen Lebens spielt auch in der Arbeit Promised Lands von Emma Wolukau-Wanambwa eine zentrale Rolle. Die Künstlerin arbeitet seit 2012 an einem künstlerischen Rechercheprojekt über eine weitgehend vergessene Geschichte von europäischen Flüchtlingen (hauptsächlich aus Polen und der Ukraine), die in Flüchtlingslagern in Ostafrika während und nach dem Zweiten Weltkrieg lebten. Sie befasst sich außerdem mit der Frage, wie diese bis jetzt nahezu unsichtbare Begebenheit Teil einer längeren Geschichte utopischer europäischer Ansiedlungen in dieser Region Afrikas darstellt – zu denen auch das „Freiland-Projekt” gehört, das geistige Kind des österreichischen Wirtschaftswissenschaftlers Theodor Hertzka (1845 – 1924), der eine ideale Gesellschaft als europäische Siedlungskolonie im heutigen Kenia gründen wollte. Warum haben in der Geschichte so viele Europäer_innen Ostafrika als paradiesisch wahrgenommen? Woher stammt diese Idee?

In einer eigens hierfür gebauten, grell-orange gestrichenen Koje, ist ein Ein-Kanal Video zu sehen, dessen Bild von einer erzählenden Stimme begleitet wird. Der Videoessay zeigt die ungeschnittene, statische Aufnahme einer ländlichen Landschaft während eines Sonnenuntergangs. Aufgenommen an einem unbestimmten Ort im Osten Ugandas mit der Auto-Fokus-Einstellung auf „on“, beginnt die Kamera, je dunkler es wird, immer hektischer das Bild scharfzustellen. Die während der Dämmerung sprechende Stimme der Künstlerin reflektiert über die Definitionsmacht hinsichtlich Grenzziehungen. „Words kill“, stellt sie fest, um anschließend lexikonkonforme Erläuterungen der Begriffe „Fiktion“, „Kunst“ und „künstlich“ schriftlich im Bild zu erläutern. Wir stellen fest, dass diese Begriffe so etwas wie Antinomien dessen sind, was wir als Bild betrachten: der Natur. Später wird klar, dass diese Natur nicht eine wilde, sondern eine kultivierte ist – etwas, was wir Europäer_innen auf Grund von sozialisationsbedingt in uns tief verankerten Projektionsbildern nur ungläubig akzeptieren können. Es geht hier, präziser formuliert, um Beobachtung an sich, um die Wichtigkeit von Schärfe, der Schärfung der Wahrnehmung. Während die Nacht sich immer mehr ausbreitet, entführt uns Emma Wolukau-Wanambwa auf eine meditative Reise, die unterschiedliche Quellen verarbeitet: Auszüge aus dem Roman „Freiland. Ein soziales Zukunftsbild“ (1890) von Theodor Hertzka, die den Moment beschreiben, an dem Hertzka (der übrigens nie in Afrika war) und seine (imaginierten) Reisegenoss_innen das „Edental“, den Ort ihrer späteren Niederlassung, „entdecken“, Begegnungen der Künstlerin mit Personen, die in der abgeschotteten europäischen Flüchtlingssiedlung am Victoriasee gearbeitet haben, sowie Eindrücke am Ende einer nächtlichen Zugfahrt von Brenner nach Innsbruck, als Flüchtlinge aus Afrika in der Tiroler Hauptstadt von einem Sondereinsatzkommando der Polizei empfangen wurden.

Promised Lands von Emma Wolukau-Wanambwa macht deutlich, dass Utopien im europäisch-westlichen Sinn (egal ob von links oder von rechts) immer ein koloniales Projekt waren, und dass deren Umsetzung auf einem notwendigerweise als leer vorgestelltes aber de facto nie leer gewesenes Gebiet unvermeidlich mit einer rücksichtslosen Verdrängung und Subalternisierung der bis dahin dort lebenden Menschen einherging. Sie erinnert uns aber auch daran, dass dieser Vorgang nicht bloß etwas historisch Vergangenes darstellt, sondern eine wechselseitige Eigenschaft besitzt und schluss¬endlich direkte Auswirkungen auf unsere Gegenwart zeigt.
Ebenfalls in eine für die Gegenwart höchstrelevante Verbindung zu einem historisch unaufgearbeiteten Trauma, in die „Eingeweide des Faschismus und Kolonialismus“, führt uns im hinteren, abgedunkelten und schwarz gestrichenen Ausstellungsraum Annalisa Cannito. . Als neue Etappe ihres Langzeitprojekts über die Relevanz der Verbindungen zwischen der kolonialen und faschistischen Vergangenheit Italiens für das heutige Migrationsregime in Europa zeigt sie vier Arbeiten, die objekthafte Gestaltung und Fernsehnachrichtenmontage mit historischem Originalmaterial konfrontieren, fotografische und kinematografische Bilder in einer mehrfachen Projektion überlagern. Im visuellen Mittelpunkt der multimedialen Installation steht Life Saver, ein vergoldeter Schwimmrettungsring aus Beton, der zentral an der Stirnwand hängt. Die Skulptur weist zwei Referenzen auf, eine historische und eine in der Gegenwart, wobei die historische von einer daneben angebrachten Originalpostkarte aus dem Jahr 1935 verdeutlicht wird: „L'oro alla patria“, Gold für das Vaterland, war eine Losung des faschistischen Mussolini-Regimes, nachdem der damalige Völkerbund (die Vorläuferorganisation der UNO) Italien auf Grund der offenen Aggression gegen Äthiopien wirtschaftliche Sanktionen auferlegt hatte. Als Höhepunkt der Kampagne rief Mussolini am 18. Dezember 1935 die „Giornata della fede“ (im Italienischen doppeldeutig: Tag der Hoffnung / Tag des Eherings) aus, eine hochemotionale Zeremonie der Gabe von Gold und Wertgegenständen an das Regime, die in Folge regelmäßig öffentlich wiederholt wurde. Im Hinblick auf die Gegenwart weist der steinschwere Rettungsring auf die Problematik der aktuellen europäischen Migrationspolitik hin, in deren Dienst die Verteidigungsagentur Frontex militärische Operationen unter dem Deckmantel humanitärer Interventionen im Mittelmeer durchführt.

Contesting Europe Corporate Hypocrisy #2 ist eine Videokollage aus TV-Nachrichten, die die Künstlerin im Internet gesammelt hat. Sie verdeutlicht, wie (oft unbeabsichtigte) rassistische Handlungsmuster und Oppressionsverhalten in politischen Ansprachen und Handlungen mithilfe der Massenmedien ihre Verbreitung erfahren, und animiert zu einem widerständigen Verhalten demgegenüber. Das dazugehörige Originaldokument, ein Notizheft aus der Zeit des Faschismus, verbildlicht eine Situation, die aus der heutigen Zeit stammen könnte: Auf der Rückseite des Umschlags ist „Mare Nostrum“ zu lesen (so auch der Name einer Operation der italienischen Küstenwache 2013/14), während auf der Vorderseite eine dramatische Seeschlacht dargestellt wird.

Intervention in Spaces of Amnesia #2 hinterfragt schließlich Formen verehrender Erinnerung an faschistische Kolonialverbrecher im heutigen Italien. Im August 2012 wurde im kleinen Dorf Affile bei Rom ein Mausoleum gebaut zu Ehren seines Bürgers Rodolfo Graziani, einem faschistischen Kriegsverbrecher, der für Greueltaten gegenüber dem antikolonialen Widerstand in Libyen und Äthiopien verantwortlich zeichnete. Wiederholte Proteste und Aktionen konnten bis heute nicht bewirken, dass dieses Mausoleum geschlossen wird. Annalisa Cannito überlagert das fotografische Bild des Mausoleums mit der Projektion eines Films, der beinahe 30 Jahre lang in Italien zensiert wurde: Der Film „Der Löwe der Wüste“ des syrisch-amerikanischen Regisseurs Mustafà Akkad visualisiert auf Grundlage einer akkuraten historischen Recherche sowohl Gewalt und Verbrechen der italienischen Armee in Libyen 1929–1931 unter der Führung Grazianis als auch die dortige antikoloniale Resistance, die von dem Widerstandskämpfer Omar el-Muktar jahrzehntelang angeführt wurde. Die Vorführung des Films wurde 1982, ein Jahr nach dessen Veröffentlichung, in Italien verboten: Der damalige Premierminister Giulio Andreotti begründete dies mit dem Argument, der Film beleidige die Ehre der italienischen Armee.

Andrei Siclodi

[Quelle:www.kuenstlerschaft.at]

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  • Dorothea Nikolussi-Salzer: Provokante Welt. in: Der Standard online. 10.07.2015

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last modified at 20.08.2015


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